Der Weinmarkt in Aufruhr: Die Corona-Pandemie war dafür verantwortlich, dass Wein nicht mehr so einfach exportiert werden konnte. Flieger blieben am Boden, Seefracht-Container wurden nicht entladen. Sogar der Weinhandel zwischen europäischen Nachbarn stockte für kurze Zeit. In Ländern, die vom Tourismus leben, sorgten geschlossene Bars und Restaurants dafür, dass Wein weniger konsumiert wurde. Und zu guter Letzt hat sich das Kaufverhalten vieler Konsumenten verändert.
Auf die Logistik von Weinen und Spirituosen aus Übersee allerdings hat sich das bislang kaum ausgewirkt, sagt Yvonne Mayer, Teamleader Ocean Beverages. Sie kümmert sich im Seefrachtbereich um die Logistik von Weinen. Seit vielen Jahren ist DB Schenker in dem Bereich für Kunden aus Handel und Gastronomie aktiv. Mit einem festen Team aus Ocean Freight-Mitarbeitern steuert der Logistiker Wein- und Spirituosenlieferungen aus Koblenz. Hier liegen im Umkreis von hundert Kilometern die großen deutschen Weinbaugebiete an Ahr, Main, Mosel und Rhein.
Weine aus der ganzen Welt
„Weinlogistik ist ein Ganzjahresgeschäft über alle Klimazonen hinweg. Wein wird ja rund ums Jahr geerntet“, sagt Mayer. 1200 TEU-Container importiert DB Schenker im Jahr auf dem Seeweg. Groß- und Einzelhändler, gastronomische Mittelständler, Lohnabfüller oder Weingeschäfte – vom günstigen Lädle um die Ecke bis zur hochpreisigen Edelboutique – importieren die Ware aus Australien und Neuseeland, Amerika oder Südafrika. Weine aus Europa gelangen dagegen auf dem Landweg zum Kunden. Dafür sind bei DB Schenker die Logistiker in Bingen und im Saarland zuständig. Allerdings haben sich in den vergangenen Monaten Verschiebungen am Markt ergeben, hat Mayer festgestellt. Einzelhändler verkauften vermehrt regionale oder lokale Produkte. Weil sich die Kunden zudem mehr mit den Hintergründen von Weinen beschäftigt haben, kauften sie bewusster ein.
Deutschland ist ein Weinland
Am Weinverbrauch hat sich allerdings bislang nicht viel verändert. Deutschland ist ein Weinland. Etwa 20 Millionen Hektoliter konsumieren die Deutschen – pro über 16-jährigen Kopf sind das theoretisch 29 Liter Wein und Sekt im Jahr, sagt die Internationale Organisation für Rebe und Wein. Damit liegt Deutschland allerdings weit hinter Portugal (Pro-Kopf-Verbrauch rund 58,8 Liter) und Frankreich (50,7 Liter), aber weit vor Ländern wie China – mit rund 1,5 Litern Pro-Kopf ist der Weinkonsum dort noch sehr überschaubar.
Unverändert sind auch die Prozesse in der Weinlogistik, ob bei Standard-Transporten von Bottled Vine in Flaschen oder Bulk-Transporten in speziellen Containern. 24.000 Liter Wein passen in solche Flexibag-Behälter.
Wein verlangt viel Sorgfalt
Weine verlangen besondere Aufmerksamkeit vom Logistiker. Aus Neuseeland stammende Getränke zum Beispiel passieren sechs Klimazonen bis zum Ziel in Europa. Da muss eine sorgfältige Planung die äußeren Einflüsse abfedern. „Wir achten auf die besondere Staulage in den Schiffen“, sagt Mayer. „Wein erträgt zum Beispiel keine Wärmequellen in der Nähe. Wir geben deshalb der Reederei vor, wo wir gern gestaut haben möchten.“ Meist wird Wein auf direkten Routen transportiert, um Umschläge und Wartezeiten in Häfen zu vermeiden.
Einmal in Europa angekommen, setzt DB Schenker alle verfügbaren Verkehrsträger ein. Auch die Rolle von Bahn und Binnenschiff wächst, denn: „Beim Wein wird die Nachhaltigkeit der Transportkette immer wichtiger“, sagt Mayer. „Das ist zugleich ein sehr diskretes Geschäft und lebt von einer intensiven Kundenbindung. Sicherheit, Vertrauen und Erfahrung bedeuten viel in der Weinlogistik.“
Die persönliche Bindung zählt
Mayer hat dieses Vertrauen und die persönliche Bindung zu vielen Kunden bei DB Schenker seit vielen Jahren mit aufgebaut. 2012 wurde das damalige zweite DB Schenker-Team in Hamburg mit ihrem in Koblenz zusammengelegt. Seit 2015 leitet Yvonne Mayer den Bereich Ocean Beverage. Dort genießt sie die nun die Reisen durch die Welt der Weine – zumindest virtuell. „Wir gehen einmal um die Welt: Morgens starten wir in Australien, abends beenden wir den Tag mit Nordamerika.“
About the Author
Axel Novak ist freier Journalist in Berlin. Seit mehr als einem Jahrzehnt beschäftigt er sich mit der Logistik-Branche und den Veränderungen, denen sie unterworfen ist. Axel Novak schreibt für Zeitungen, für Zeitschriften und für Unternehmen. Seine Schwerpunkte sind allgemeine Wirtschaftsthemen mit dem Fokus auf Mobilität, IT, Energie und Finanzen.