In Deutschland ist Tiramizoo einer der Vorreiter bei der Auslieferung von Produkten am gleichen Tag. Im Interview erklärt Michael Löhr, Gründer und Geschäftsführer, sowie Philipp Walz, Mitgründer und Head of Sales- & Marketing, worauf es bei dem Geschäft ankommt.

Woher wissen Sie eigentlich, was genau die Verbraucher bei Same Day Delivery-Lösungen wollen?

Michael Löhr: Nun, wir kennen natürlich nicht alle Konsumenten unserer Kunden. Aber wir lernen mit jedem neuen Partner – meist in Form eines Piloten. Wir gehen hierbei auf den jeweiligen Händler ein und können unsere Touren und Ladezeiten auf Wunsch auch anpassen. Ich würde sagen: Wir sind Weltmeister im Pilotieren.
Same Day Delivery ist ein starker Trend. In bestimmten Situationen spielen beim Verbraucher sogar die etwas höheren Kosten keine Rolle, zum Beispiel wenn ein wichtiges Elektronikbauteil oder ein Ladegerät ausfällt, der Toner oder das Papier zum Drucken fehlen. Dann kommt es darauf an, schnell Ersatz zu bekommen. Oft geht es aber auch um Bequemlichkeit des Verbrauchers. Diese beiden Faktoren bringt Same Day Delivery zusammen.
Das Verbraucherverhalten entwickelt sich aber ständig weiter: Zum Beispiel sind Kunden nicht nur an einer schnellen Lieferung interessiert, sondern auch an der Wunsch-Uhrzeit – zuverlässig, planbar und gut in ihren Alltag zu integrieren. Abends sind die Kunden zu Hause, das wird also eine beliebte Zustellzeit. Auf solche Trends müssen wir reagieren.

Wie sieht es mit der Abholung aus?

Philipp Walz: Retouren sind tatsächlich ein spannendes neues Segment. Wir holen beispielsweise für Zalando Retouren innerhalb von 60 Minuten in Berlin, Stuttgart und München ab. Der Verbraucher erspart sich den Gang zum Paketshop oder das Warten auf den Paketdienst. Für den Händler erstellen wir eine individuelle Retoure-Webseite (Retouren-Website?) um Buchung, Abholung, die Lieferung ins Fulfillment-Center oder in die Filiale zu ermöglichen.
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Was wollen denn die Händler heute?

Michael Löhr: Viele Händler erkennen mittlerweile, wie notwendig digitale Konzepte für sie sind um die passende Omni-Channel Strategie umzusetzen. Wir helfen dabei die wichtigen logistischen Entscheidungen zu treffen – denn es geht auch bei Same Day Delivery um die richtigen IT-Tools und Erfahrungen.
Ob wir Produkte aus dem Fulfillment-Center oder aus dem stationären Handel heraus liefern, macht keinen Unterschied. Das muss absolut reibungslos laufen. Heute haben Unternehmen zum Beispiel stationäre Verkaufsstellen in Hamburg und ein Fulfillment-Center in München. Mit unserem Netzwerk können wir z.B. Same Day Delivery so spielen, dass der Endkunde nicht merkt, was aus dem stationären Handel und was beispielsweise aus München kommt. Wir decken dabei mit unserem Netzwerk bis zu 83 Prozent der Bevölkerung ab, das ist gewaltig.

Was müssen die Händler machen, für die Sie arbeiten?

Michael Löhr: In den meisten Fällen sehr wenig. Bei Lieferungen aus der Filiale benötigen wir z.B. nur einen Click & Collect-Prozess und einen Prozess für die Abholung durch den Kurier zur rechtlich abgesicherten Übergabe. Die meisten Prozesse laufen automatisch über die IT-Schnittstellen zum Webshop des Händlers. Noch einfacher geht es bei der Retoure: Da haben wir feste Standardprozesse, der Händler kann so seinen Aufwand minimieren.
Wir haben offene IT-Tools und API-Schnittstellen um mit jeglicher Händlersoftware integrieren zu können. Der Händler entscheidet sich einfach bei der Integration, wann er welchen Tiramizoo Service ansteuert.
Alles wird im Hintergrund so synchronisiert, damit unser Netzwerk so schnell wie möglich reagieren kann, – in unserem Geschäft ist jede Minute Gold wert.

Manche Autohersteller lassen durch Tiramizoo Ersatzteile in Werkstätten bringen. Ist das nicht viel lukrativer für Sie?

Philipp Walz: Ersatzteillogistik ist je nach Stadt unterschiedlich: Wir sind für verschiedene Autohersteller tätig und haben jeweils individuelle Lösungen aufgesetzt, die sehr charmant sind. Auch die Autohersteller setzen sich zunehmend über clevere Services vom Wettbewerb ab. Da reden wir natürlich nicht von E-Commerce-Prozessen oder Preisen. In diesem B2B-Spezialfeld sind wir trotzdem einzigartig – und da ist eine gewisse Wachstumskurve drin, die wir immer mitgehen. Aber es ist nicht unser Kerngeschäft.
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Wer ist eigentlich für Sie unterwegs? Und wird es nicht immer schwieriger, gute Kuriere zu finden?

Michael Löhr: Wir können auf bis zu 3.700 freie Kuriere zurückgreifen – das bedeutet aber nicht, dass die immer im Einsatz sind. Der Markt und damit der Wettbewerb ist tatsächlich größer geworden. Hinzu kommt das in Deutschland die Zustellung für den Empfänger nur noch schwierig preislich zu bewerten ist weil sie oft kostenlos angeboten wird. Für unser Same Day Angebot sind Preis und Qualität weiterhin die entscheidenden Faktoren. Um unseren Service überhaupt anbieten zu können, müssen wir mit den besten verfügbaren Fahrern zusammenarbeiten.

Wie steht es bei Ihnen um den Plattform-Gedanken? Also die Idee, dass Privatleute ihren eigenen PKW als Kurierfahrzeug einzusetzen?

Philipp Walz: Das ist ein interessantes Konzept, Amazon flex beispielsweise geht ja in diese Richtung. Für uns kommt das zur Zeit im Regelbetrieb weniger in Frage. Denn mit der Menge, die wir transportieren, wachsen die Verantwortung und die notwendige Kontrolle. Aber mal schauen, vielleicht denken wir in einigen Jahren anders!

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So groß ist der Markt
Die Unternehmensberatung McKinsey schätzt den Markt für Same Day Delivery auf rund drei Milliarden Euro bis zum Jahr 2020 in Westeuropa: Das wären 15 Prozent der Standardpakete – heute ist es weniger als ein Prozent. Vor allem Consumer, Electronics, Fashion, DIY oder Schmuck sind Branchen, die für Same Day Delivery affin sind.
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