Ladungsträger als Möbelstück. Wo die Paletten wohl überall gewesen sind? © stock.adobe.com / Angelov
Ladungsträger als Möbelstück. Wo die Paletten wohl überall gewesen sind? © stock.adobe.com / Angelov

Früher traf man die zweckentfremdete Palette vornehmlich in studentischen Wohngemeinschaften an, als „Ausweis von Lockerheit“, wie es in der Zeitung steht. Schreibtisch, Sofa, Betten, alles aus Paletten. In ihren Anfängen als Möbelstück sollen Paletten sogar etwas „Subversives“ gehabt haben. Von wegen umstürzlerisch! Das Gegenteil ist doch wohl der Fall! Die Palette, zumal die Europalette, verleiht Stabilität und sorgt für Effizienz in der Versorgungskette – und zwar überall: unten im Wareneingang, oben im Hochregallager, vorne auf dem Gabelstapler, hinten auf dem Lkw. Die Palette schafft festen Halt für eine bis zu 1.500 Kilogramm schwere Ladung.

Palettentausch mit Tücken

Anruf bei Markus Linke, Spezialist für Lademittel bei DB SCHENKEReuropac. Als Key Account Manager weiß er so ziemlich alles über Verpackungen und Mehrwegsysteme, über Behälterreinigung, Lösungen für Kühlketten und vieles mehr. Und ja, auch bei den Europaletten kennt er sich aus. „DB Schenker bringt davon jedes Jahr mehr als 10 Millionen in den Umlauf“, sagt er. „Europaletten sind Tauschartikel, ähnlich wie die Kisten, in denen man sein Mineralwasser kauft.“ Allerdings ist der Tausch im Logistikalltag an der Rampe nicht ganz so einfach wie im Getränkeladen. Bei den Paletten gibt es nämlich unterschiedliche Qualitätsklassen: von neu bis Schrott.

Dabei hat die European Pallet Association (EPAL) als Lizenzgeber für Europaletten des Europaletten-Pools derzeit ganz andere Sorgen. Der Preis für Holz wächst schneller in den Himmel als die Bäume, die das Material liefern: vor allem Kiefer, Tanne und Fichte. „Holz ist weltweit knapp; als Baumaterial und eben auch als Verpackungsmaterial“, sagt Linke. „Das wirkt sich auf die Preise aus.“ Im Logistik-Umfeld kostete die Palette noch vor wenigen Wochen sieben bis acht Euro. Heute muss man das Doppelte ansetzen.

Stellt sich die Frage, ob ein anderes Material womöglich Abhilfe schaffen kann. Doch Linke winkt ab: „Natürlich gibt es Kunststoffpaletten. Aber als gleichwertiger Ersatz für die Europaletten aus Vollholz würden sie locker noch einmal bis zu 20 Euro mehr kosten.“ Außerdem versteht man die Holzpallette in der Logistik als wertvollen Beitrag zur Nachhaltigkeit in der Branche. Und überhaupt: So einfach wäre es nicht, den bestehenden Pool durch eine alternative Lösung zu ersetzen. Immerhin sind nach Angaben der EPAL zwischen 450 bis 600 Millionen Stück im Umlauf.

Keine Chance für Holzschädlinge

Da jede Europalette aus bis zu 20 Kilogramm Holz besteht, stellt sich die Frage nach dem Schädlingsbefall. Kann sie schimmeln oder Ungeziefer mitsamt ihrer Brut durch die Welt befördern? „Eher nicht“, antwortet Linke. „Bevor die Paletten in den Umlauf kommen, werden sie entsprechend behandelt.“ Die gängigsten Verfahren sind das Erhitzen auf eine Kerntemperatur von mindestens 56 Grad Celsius für eine halbe Stunde oder die technische Trocknung.

So gesehen kann man Europaletten aus heimischer Produktion getrost für den Möbelbau verwenden. „Aber unbenutzt sollten sie sein“, ermahnt Linke. „Bei einer gebrauchten Palette weiß man nicht, mit welchen Schadstoffen sie bei den Verladungen in Kontakt gekommen ist.“ Als Logistiker sieht er die Sache sowieso etwas trockener. Für ihn sind Paletten Transporthilfsmittel, die zuverlässig stabil sind und Halt geben.

About the Author

Andreas Pietsch Der freie Journalist Andreas Pietsch ist auf Logistik-Themen spezialisiert. Er schreibt seit 1992 für DB Schenker beziehungsweise für die Vorgängergesellschaften. Am meisten angetan haben es ihm die Themen aus Landverkehr, Seefracht und Kontraktlogistik. Aber auch bei der Luftfracht weiß er, wie man einen Sachverhalt treffend auf den Punkt bringt.