Luftfracht ist nicht nur schnell, sondern verlangt von den Organisatoren, rasch auf veränderte Bedingungen reagieren zu können. Dr. Niklas Wilmking, Head of Air Freight Cluster DE/CH bei der Schenker Deutschland AG, erläutert, wie die Logistik Risiken erkennt und plant.
Herr Dr. Wilmking, ein Luftfrachtmanager von DB Schenker sagte einmal: Viel Luftfracht in einer Lieferkette bedeutet, dass die Supply Chains schlecht geplant sind. Stimmt das?
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Nein, so pauschal natürlich nicht. Aber Luftfracht wird vor allem in Phasen großer Veränderungen am Markt eingesetzt, um beispielsweise Auslastungsspitzen in der Supply Chain aufzufangen. Das kann der Fall sein, wenn ein mittelständisches Unternehmen, das in einem Segment Weltmarktführer ist, seine Produktionskapazitäten kurzfristig nicht erhöhen kann. Es produziert so schnell, dass es sich es nicht leisten kann, Güter viele Wochen auf den Land- oder Seeweg zu schicken. Das Unternehmen muss also Luftfracht buchen.
Nun ist Luftfracht ja vielen Risiken ausgesetzt. Was ist Risikomanagement in der Luftfracht bei der Schenker Deutschland AG?
Risikomanagement bedeutet grundsätzlich, für die Kunden die Kapazitäten flexibel bereit stellen zu können, die sie benötigen, um ihre Luftfracht termingerecht transportieren zu können. Auch wenn es Probleme im Markt gibt.
Operativ bedeutet das bei uns, dass wir in unseren Luftfrachthubs hohe Spitzen strukturell abfedern können.
Gibt es immer einen Plan B?
Im weiteren Sinne bedeutet Risikomanagement, Luftfracht sehr gewissenhaft vorzubereiten, also auch mögliche Ausweichrouten und Flughäfen vorzubereiten. Ein sehr gutes Beispiel ist der große Vulkanausbruch in Island 2010 gewesen. Da konnten wir auf Flughäfen außerhalb Deutschlands als Ersatz ausweichen. Wir müssen solche Ereignisse und Risiken so weit es geht im Vorfeld mitdenken und planen.
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Erwarten das die Kunden von Ihnen?
Für unsere Kunden in der Luftfracht müssen wir auf der einen Seite unsere Abläufe umfangreich dokumentieren. Auf der anderen Seite vertrauen uns unsere Kunden und gehen davon aus, dass wir unsere Prozesse im Griff haben. Es kommt ihnen nicht so sehr darauf an, über jeden Prozessschritt Bescheid zu wissen, sondern rechtzeitig informiert zu werden, wenn etwas nicht klappt.
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Nun können ja gerade solche mehr oder weniger unvorhergesehenen Risiken durch umfassende Datenanalysen zumindest im Ansatz abgesichert werden. Wie ist das Unternehmen da aufgestellt?
Das ist für uns ein sehr wichtiges Thema. Wir sind ja bei der Initiative Air 4.0 sehr aktiv
und entwickeln entsprechende Anwendungen. Es geht darum, aus der Fülle von Daten, die uns heute zur Verfügung stehen, brauchbare Applikationen zu entwickeln, aus Produktionssicht auch, um Risiken vorherzusehen. Heute können wir erkennen, wo sich Luftfracht vor zwei Stunden befunden hat. 2019 können wir möglicherweise erkennen, wo sich die Ware in zwei Stunden befinden wird. Solche Lösungen sollen künftig Teil unserer Services werden, die wir unseren Kunden anbieten, wenn sie zum Beispiel im Internet Transporte buchen.
Was würden Sie sich von Ihren Kunden wünschen, um….?
… Luftfracht besser zu planen? Vor allem mehr Informationen. Viele Spitzen, die heute zwei drei Tage vorher angekündigt werden, zeichnen sich schon zwei drei Wochen vorher im Unternehmen ab. Für uns bedeutet das: Wir müssen uns in die Kunden hineindenken und ihre Warenströme besser verstehen – und damit sind wir dann auch schnell wieder beim Big Data-Thema.
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Sie haben lange Zeit in Asien gelebt und gearbeitet. Hilft Ihnen diese Erfahrung heute bei Air Freight?
Unbedingt! In Asien ist alles noch viel schneller als hier. Dort ist noch mehr Speed und mehr Flexibilität gefragt – und das ist es ja, was diesen Bereich so besonders macht. Die Luftfracht interessiert mich vor allem wegen des hohen Tempos und der vielen verschiedenen Anforderungen, denen man gleichzeitig begegnen muss. Gleichzeitig macht es ungeheuer Spaß, Probleme schnell zu lösen. Luftfracht ist komplex. Diese Komplexität zerlege ich bei Herausforderungen gern in kleinen Komponenten, die dann genau zeigen, an welcher Stelle wir aktiv werden müssen. Aber meine Erfahrung ist auch: Luftfracht ist ein globales Netzwerkgeschäft, bei dem viele Herausforderungen nur interkulturell lösbar sind. Da hilft einfach ein persönliches Gespräch – und das gefällt mir sehr.
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