Die Luft wird dünn Richtung Punta Olimpica Pass. Scheinbar endlos kurvt die Ruta Departamental AN-107 durch den Hautecam Nationalparks. Immer im Schatten des Huascaran, dem mit 6.768 Metern höchstem Berg Perus. Nicht umsonst wird ein Straßenabschnitt, der „sector de las mil curvas“, Straße der 1.000 Kurven genannt – auch wenn es bei genauer Zählung „nur“ 46 Haarnadelkurven sind.
Und dann mündet die AN-107 in den Punta Olimpica Tunnel. Mit einer Höhe von 4.732 Meter über dem Meeresspiegel der höchste Straßentunnel der Welt. Knapp eineinhalb Kilometer führt er durch das Bergmassiv. Die Fahrt gilt als gefährlich. Nicht nur wegen der Kurven, sondern vor allem wegen der Luft. 40 Prozent weniger Sauerstoff als auf Meereshöhe gibt es hier oben. Das Atmen wird schwieriger, die Pulsfrequenz ist erhöht und jede Bewegung mühsam.
Dennoch sind Straße und Tunnel ein Segen für die Region. Dauerte die Fahrt vom Tal Callejón de Conchucos ins Callejón de Huaylas im Nordwesten der Anden früher neun Stunden, so sind es seit Fertigstellung des Tunnels nur noch zweieinhalb.
Schwierige Baubedingungen in extremer Höhe
Die Bauarbeiten zum Punta Olimpica Tunnel begannen im April 2011 und stellten höchste Anforderungen an Mensch und Maschine. Grund war wiederum die extreme Höhe. Insbesondere bei Verbrennungsmotoren wirkt sich die Sauerstoffarmut negativ auf die Leistung aus, so dass sie speziell parametriert werden müssen. Dazu kommt, dass Diesel- aber auch Elektromotoren in der dünnen Luft anfälliger für Überhitzung werden. Ähnliche Belastungen ergeben sich für das Personal, die dazu vor allem im Winter gegen extreme Wetterbedingungen zu kämpfen haben.
Doch am 23 Mai 2013 war es so weit. Die ersten Fahrzeuge passierten den Rekordtunnel mit seinen 1.384 Meter Länge bei 7,20 Meter Breite und einer Höhe von 6,50 Meter. Die Region hatte dafür 171 Millionen US-Dollar investierte. Offizielle Eröffnung feierte man dann im August.
Die AN-107 mit ihren spektakulären Bergpanoramen und der Punta Olimpica Tunnel in 4.732 Meter Höhe – einfach atemberaubend.
Tief unter dem Meer
Mehr als 5.000 Meter tiefer liegt der Eiksundtunnel. Er ist der tiefste mit dem Auto befahrbare Tunnel der Welt und führt an seiner tiefsten Stelle bis zu 287 Meter unter Normalnull. Erwähnenswert ist auch die größte Steigung im Tunnel: Sie beträgt 9,6 %. Über eine Strecke von insgesamt 7.765 Kilometern verbindet dieser Tunnel etwa 350 Kilometer nördlich von Bergen mehrere Inseln in der norwegischen Region Møre og Romsdal mit dem Festland.
Am 23. Februar 2008 wurde der Eiksundtunnel für den normalen Fahrzeugverkehr freigegeben. Negativ in die Schlagzeilen geriet er bald darauf durch ein Unglück: Im Juni 2009 stießen am tiefsten Punkt zwei Fahrzeuge zusammen. Fünf Menschen starben in den brennenden Fahrzeugen.
Ein Erfolgsgeschichte wiederum ist die Finanzierung des Tunnels. Die Baukostenbetrugen rund 93 Millionen EUR. Für die Mauterhebung wurde ein Kamerasysteminstalliert, das alle Fahrzeugkennzeichen beim Einfahren in den Tunnel automatisch erfasst. So wurden die Fahrzeughalter ermittelt, die anschließend die Maut per Rechnung bezahlten. Dieses moderne Erfassungssystem ermöglichte ein zeitsparendes, haltloses Durchfahren des Tunnels. Und dank der hohen Auslastung waren die Baukosten bereits Sommer 2014 durch die Mauteinnahmen gedeckt. Die Betreiber ließen Seitdem ist der Eiksundstunnnel mautfrei.
Ob tief unter dem Meer oder in den höchsten Berggipfeln, Tunnel sind wichtige Transportbeschleuniger. Mag ihnen auch etwas Unheimliches anhaften, sie bringen uns schneller näher.
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Dr. Frieder Schwitzgebel studierte Philosophie und Physik an den Universitäten Mainz und Dijon und arbeitet seit 1996 als Unternehmensjournalist. Er ist Dozent für Wirtschaftsphilosophie an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Wiesbaden. Seine Schwerpunkte sind Neue Technologien, Kontraktlogistik und die Plattformökonomie.