Feederverkehre im Hamburger Hafen: Angesichts vieler politischer Unwägbarkeiten brauchen Unternehmen vollständige Transparenz in ihren Lieferketten © HHM/Glaubitt
Feederverkehre im Hamburger Hafen: Angesichts vieler politischer Unwägbarkeiten brauchen Unternehmen vollständige Transparenz in ihren Lieferketten © HHM/Glaubitt

Die Covid-19-Pandemie hat die Weltwirtschaft mächtig erschüttert mit massiven Auswirkungen auf die globalen Lieferketten. „Covid-19 wirkt als digitaler Supply Chain Trend-Verstärker“, sagt Joachim Schaut, VP Global ISC Intercontinental Supply Chain Solutions, DB Schenker. Aber wie können Verlader und Logistiker auf diese Entwicklung reagieren? „Um auf diese Trends die richtigen Antworten zu finden, müssen sie die End-to-End Visibility in globalen Lieferketten stärken“, sagt Schaut. Vollständige Transparenz vom Anfang bis zum Ende einer Supply Chain macht diese deutlich widerstandsfähiger und robuster.

Denn Logistik findet nicht im luftleeren Raum statt. Sondern die Branche ist stark von wirtschaftlichen und politischen Umständen abhängig. Die Blockade des Suez-Kanals vor wenigen Wochen zeigt, wie empfindlich weltweite Lieferketten sind. Auch geopolitische Ereignisse wie der Brexit, die Auseinandersetzungen zwischen den USA und China oder zwischen China und Indien sind Teil der Entwicklung. Sogar die weltweit ungleichen Wachstumsphasen verändern die globalen Warenströme: Das große Konjunkturpaket in den USA wird dort zu viel Wachstum führen, weshalb der Handel mit Nordamerika gestärkt wird, sagt Schaut. Eine Folge ist, dass diese Entwicklung Frachtkapazitäten aus anderen Trades abziehen wird.

Diese Faktoren beeinflussen Seefracht

Mit Blick auf die Seefracht benennt Schaut die Faktoren, die das Geschäft heute stark beeinflussen. Weil zu wenige Container verfügbar sind, sind zum einen die Raten auf wichtigen Routen stark gestiegen. Außerdem wirken sich die knappen Kapazitäten an Laderaum negativ auf die Zuverlässigkeit der gesamten Supply Chain aus.

Dazu kommen infrastrukturelle Engpässe: Weltweit bestehen Probleme damit, Fracht in die Häfen oder aus den Häfen zu bringen. Der Hinterlandverkehr dauert immer länger. Zum Beispiel führt die mangelhafte Infrastruktur im wichtigen US-Hafen von Los Angeles dazu, dass zwischen Ankunft eines Schiffs und dem Ausliefern des Containers am finalen Empfangsort oft bis zu ein Monat vergehen. Die Gründe dafür sind fehlende Kapazitäten und Transportmöglichkeiten, aber auch überfüllte Läger und überlastete Infrastruktur. Solche Engpässe wirken sich auf die Seefracht weltweit aus, denn sie binden Container, die in den globalen Lieferketten fehlen.

Nachhaltigkeit und Digitalisierung

Ein weiteres wichtiges Thema, das die Lieferketten nachhaltig verändern wird, ist die zunehmende Bedeutung der Supply Chain-Resilience. Dabei geht es nicht nur um politische Entwicklungen, sondern auch um die Nachhaltigkeit, die im wirtschaftlichen Geschehen immer wichtiger werden wird, ist Schaut überzeugt. „Diese Entwicklungen erfordern mehr Agilität in der Supply Chain, um diese breiter aufzustellen“, sagt Schaut.
Hilfreich ist dabei die Digitalisierung der Prozesse: Sie hat durch Corona einen enormen Aufschwung erfahren und wird die verfügbare Datenenge vervielfachen.

Digitale Verfahren bieten immense Möglichkeiten zur Optimierung der Supply Chains: Eine Studie der Unternehmensberatung Roland Berger über die Veränderungen im Einkauf zeigt, dass digitale Verfahren die Time-to-Market-Zeit für Unternehmen um 40 Prozent reduzieren kann – für viele ein echter Wettbewerbsvorteil. Auch die Verringerung des Umlaufvermögens (Working Capital) ist ein Vorteil: Wer seine Bestellungen von einem monatlichen auf einen wöchentlichen Rhythmus umstellt, der reduziert das Umlaufvermögen und die Time-to-Market-Zeiten. Außerdem steigt die Containerauslastung durch intelligente Konsolidierungskonzepte – was wiederum Kosten senken kann.

„Allerdings gibt es heute nicht zu wenig Daten, sondern viele Unternehmen haben eher das Problem, dass sie zu viele Daten haben“, gibt Schaut zu bedenken. Denn erhobene Daten müssten in Interaktionen umgesetzt werden. Und das bedeutet vor allem, dass die Logistiker schneller entscheiden müssen. „Das zeigt: Die Digitalisierung darf nicht um ihrer selbst willen angegangen werden, sondern muss einem klaren Ziel folgen“, so Schaut.

Eine partnerschaftliche Zusammenarbeit

In diesem Umfeld bietet DB Schenker seinen Partnern und Kunden die Möglichkeit an, mithilfe digitaler Tools die Supply Chains zu verbessern. Der Logistikdienstleister verfolgt dabei einen umfassenden Ansatz: „Wir setzen auf eine enge Zusammenarbeit. Denn nicht nur für mehr online Visibility, sondern auch für die Umsetzung von Ergebnissen in konkrete Aktionen müssen wir ausführlich mit den Stakeholdern kommunizieren. Dafür brauchen wir Integration weit über die einzelne Sendung hinaus“, sagt Schaut. „Das umfasst viele Ebenen in den Unternehmen bis in den Einkauf und Vertrieb.“

Als Beispiel nennt Schaut Beschaffungsprozesse in Asien: „Früher wurde die Ware bestellt, der Transport relativ einfach beim Reeder gebucht, dann verladen und fertig. Heute ist nicht mehr gewiss, dass man als Kunde einen Container bekommt. Und wenn man ihn hat, dann verzögert sich die Verschiffung aus Asien heraus.“ Eine entsprechende Planung schon weit vor dem Transport bietet die Möglichkeit, die Lieferkette stabile, zuverlässiger und im Zweifel kalkulierbarer zu machen.

Kunden profitieren vom DB Schenker-Know-how

Der Vorteil für Kunden ist das große Know-how von DB Schenker bei der Ausführung und Implementierung von Supply Chain-Prozessen: „Als globaler Freight Forwader sind wir gut aufgestellt. Weil wir alles über die gesamte Supply Chain streuen, nutzen Kunden unsere Kostenvorteile mit.“

Bei der Integration geht DB Schenker in drei Schritten vor: Der erste Schritt ist die Festlegung einer Supply Chain-Strategie. „Oft starten Unternehmen am falschen Ende und suchen nach der richtigen Technik: Aber Technik ist kein Selbstzweck, sondern muss in die Unternehmensstrategie passen“, sagt Schaut. „Wir fragen immer: Welche Ziele verfolgen Sie? Und wie unterstützt die Supply Chain Ihre Ziele?“

Auf dieser Grundlage wird dann die Ausführung, die so genannte Execution geplant. Erst jetzt entscheiden sich Logistiker und Partner in einem dritten Schritt für das richtige technische Ökosystem und die entsprechenden Anwendungen wie Controll Tower, Internet-of-Things, Collaboration Plattforms oder Blockchain. „In der Fülle von Lösungen behalten wir den Überblick und stellen die Verbindung zu den richtigen Partnern her“, sagt Schaut. „Sicher, Corona ist ein Trendbeschleuniger, der Risiken in den globalen Supply Chains aufdeckt“, sagt Schaut. „Aber diese Beschleunigung ist auch eine Chance, um Lieferketten deutlich stabiler und widerstandsfähiger zu machen.“ Für die nächste Krise.

Joachim Schaut, VP Global ISC Intercontinental Supply Chain Solutions, DB Schenker, hat zu diesem Thema einen Vortrag auf der Online-Konferenz Digital Logistics Days 2021 der BVL gehalten. Das Video ist auf Youtube zu finden:

About the Author

Axel Novak Axel Novak ist freier Journalist in Berlin. Seit mehr als einem Jahrzehnt beschäftigt er sich mit der Logistik-Branche und den Veränderungen, denen sie unterworfen ist. Axel Novak schreibt für Zeitungen, für Zeitschriften und für Unternehmen. Seine Schwerpunkte sind allgemeine Wirtschaftsthemen mit dem Fokus auf Mobilität, IT, Energie und Finanzen.