Regionale Tomaten, Holzpellets aus dem heimischen Laubwald oder Lederwaren von Traditionsmanufakturen vor den Toren der Stadt: regionale Produkte sind im Trend. Und zwar längst nicht nur im gehobenen Einzelhandel.
Dabei schien die Globalisierung unaufhaltbar. Immer mehr, immer weiter, immer internationaler – wenn Industrieunternehmen produzieren, haben die Bauteile in den vergangenen Jahren immer größere Entfernungen zurückgelegt. Doch nun wendet sich das Blatt: Statt in fernen Ländern mit geringen Lohnkosten fertigen zu lassen, produzieren immer mehr Unternehmen wieder im Land oder im nahen Ausland.

Rückverlagerung für mehr Qualität

On- oder Nearshoring heißt diese Rückverlagerung von Produktionskapazitäten, die immer stärker in den strategischen Fokus von Unternehmen gerät. Und zwar von Unternehmen, die ihre Stärken in den Qualitätsstandards, der Verfügbarkeit von technischen Systemen und in der kurzfristigen Flexibilität und Adaptivität an neue Marktanforderungen sehen. „Near-­ und Onshoring bauen diese Vorteile weiter aus“, sagt Bernd Müller­-Dauppert, Mitglied der Geschäftsleitung von Miebach Consulting. Die Berater haben in einer umfangreichen Studie Nearshoring und Onshoring als Wettbewerbsvorteil sowie deren Auswirkung auf die Supply Chains von Industrieunternehmen untersucht.

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Ein Grund für die strategische Neuausrichtung ist die automatisierte Fertigung. Mehr als die Hälfte der von Miebach befragten Unternehmen sehen neue IT­-Technologien, One­Piece­Flow, automatisierte Montage, Roboter und digitale Fabrik 4.0 als relevanten Trend. Er verändert die Produktion und senkt die Personalkosten signifikant. Service und Qualität dagegen werden wieder zum Wettbewerbsvorteile. Die Folge: Nearshoring wird attraktiver.

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Allerdings könnte ein Aspekt diese Entwicklung bremsen: „Eine ,Bedrohung‘ für On- und Nearshoring ist die Komplexität der Supply Chain“, sagt Müller­-Dauppert. Near-­ und Onshoring machen die Supply Chains komplizierter. Neue und nahe gelegene Standorte werden die Offshoring­ Standorte nicht ablösen, sondern ergänzen – was das Zusammenspiel zwischen den Standorten komplexer macht.

Integrierte Betrachtung der Produktion

Das bedeutet für die Logistiker, dass sie zum einen gemeinsam mit ihren Kunden Supply­ Chain­ und Produktionsnetzwerke integriert analysieren müssen. Logistikkosten, Lieferzeit, Flexibilität und Adaptivität sind ebenso wichtige Faktoren wie Produktionskosten, Infrastruktur, Verfügbarkeit qualifizierter Mitarbeiter an den Standorten. Zum anderen müssen sie das Netzwerk und das Know-how mitbringen, um in komplexer werdenden Supply Chains die notwendige Servicequalität zu leisten. Außerdem benötigen sie regionale Präsenz, um auf die Anforderungen ihrer Kunden auch vor Ort eingehen zu können. Und schließlich müssen sie flexibel reagieren können, wenn sich die Anforderungen der Verlader an ihre Dienstleister wieder ändern.

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„Transporte über lange Distanzen, wie z.B. See- und Lufttransporte werden abnehmen, Transporte über kurze Distanzen dagegen zunehmen“, so Müller-­Daupperts Fazit. „Ob dies allerdings wirklich auf die Dienstleister so durchschlägt, wage ich nicht zu behaupten. Vielleicht kommen künftig neue Güter auf den Markt, die wiederum Transporte über lange Distanzen erforderlich machen.“

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