Ladung richtig schützen: Das ist die Kernkompetenz der Spezialisten von Europac bei DB Schenker. © Shutterstock.com/Chaosamran_Studio

Bei der Transportverpackung und den Ladehilfsmitteln geht es um Kosten und Sicherheit, um gesetzliche Regelungen. Ein Gespräch mit Ingo Hoster, Leiter der Geschäftsstelle Europac in der Schenker Deutschland AG mit Sitz in Coburg.


Pulse: Herr Hoster, die Preise für Verpackungen gehen hoch, der Ruf nach mehr Nachhaltigkeit wird immer lauter, der Gesetzgeber stellt neue Anforderungen: Macht das Leben als Verpackungsspezialist Spaß?

Ingo Hoster: Und ob! Gerade wegen der herausfordernden Rahmenbedingungen sind wir gefragt. Denn eines hat sich nicht geändert: Die Kunden wollen, dass ihre Waren heil ankommen.

Das wollten sie schon immer. Können Sie den Verladern heute etwas anderes anbieten als vor zehn oder zwanzig Jahren?

Wenn uns die Kunden die Gelegenheit dazu geben, hinterfragen wir ihre Bestellungen. Nehmen Sie einen typischen Fall: Jemand ordert 500 Europaletten. Wenn er uns sagt, wofür er die Paletten braucht, können wir ihm vielleicht eine bessere Alternative anbieten.

Wo es früher fast immer nur ums Geld ging, haben wir es nun mit einem harmonischen Dreiklang aus Kosten, Nachhaltigkeit und Prozessfähigkeit zu tun.

Ingo Hoster
Leiter der Geschäftsstelle Europac in der Schenker Deutschland AG

Eine Alternative zur Europalette? Das klingt, als wollten Sie das Rad neu erfinden.

Die Europallette ist ein Segen für die Logistik. Aber sie ist nicht immer das Optimum. Manchmal tun es auch Einwegpaletten …

Aber Herr Hoster! Einweg ersetzt Mehrweg?

Die Europalette heißt nur „Euro“. Wirklich europäisch durchgängig ist das Poolsystem nicht. Aber das haben die wenigsten auf dem Radar.

Klären Sie unsere Leser auf.

Nehmen wir ein Beispiel: Wenn ein Hersteller seine Waren auf einer Europalette nach Portugal oder Spanien versendet, dann gelangt sie dort nicht in einen Mehrwegpool. Stattdessen wird sie wie eine Einwegpalette behandelt. So wenig wie wir eine Pfandflasche der deutschen Mineralbrunnen in Portugal einlösen, so wenig geben Sie dort eine Europalette zurück.

Immer auch Alternativen zum Holz erwägen

Das heißt?

Ein Versender, der Europaletten als One-Way-Ladungsträger nutzt, kann gleich die deutlich günstigere Alternative wählen. Wenn für den gleichen Nutzen weniger Material zum Einsatz kommt, ist Einweg mitunter ökologischer. Je nachdem, was man damit vorhat, sollte man bei Paletten immer auch Alternativen zum Holz erwägen. Paletten aus Wellpappe bieten sich nicht gerade für den Transport zu einer verregneten Baustelle an. Aber in der Luftfracht, die auf jedes Kilogramm achtet, sparen leichtere Ladungsträger Gewicht und Kosten. Dabei ist Europac mehr als nur ein Verpackungsverkäufer. Unsere Kernkompetenz liegt in der Beratung. Da geht es um die Auswahl oder Entwicklung und Produktion der richtigen Verpackung, um ihre Anwendung und natürlich um die Reduzierung des Materialverbrauchs.

Womit wir beim Thema Nachhaltigkeit sind. Wo und wie reduzieren Sie den Materialeisatz?

Etwa mit unserer Stretchfolien-Beratung. Beim Stretchen kann man vieles falsch und noch mehr richtig machen. Je nachdem, welche Folie unsere Kunden verwenden und wie sie wickeln, sparen sie erheblich beim Materialeinsatz. Das lässt sich ganz einfach ausrechnen.

Rechnen Sie mal!

Es hängt vom Einzelfall ab. Aber es lohnt sich oft, wenn wir das für die Kunden analysieren. Wer die Folienstärke von beispielsweise 17 auf 12 Mikrometer reduziert und fachgerecht stretcht, kann bei gleicher Performance den Materialeinsatz pro Palette von 380 auf 250 Gramm senken. Ein Werk, das täglich 2.000 Palletten stretcht, spart so jede Woche weit mehr als eine Tonne Kunststoff. Im Laufe des Jahres summiert sich das auf komplette Lkw-Ladungen. Natürlich kann man das nicht einfach so umstellen. Man muss den Ist-Zustand analysieren und jede Menge Tests durchführen. Aber für so etwas sind wir ja da.

Wie wichtig ist Versendern die Nachhaltigkeit ihrer Verpackung?

Aktuell gewinnen die Themen Mehrweg und Recycling mehr an Gewicht. Wo es früher fast immer nur ums Geld ging, haben wir es nun mit einem einigermaßen harmonischen Dreiklang aus Kosten, Nachhaltigkeit und Prozessfähigkeit zu tun. Soll heißen: Eine gute Verpackung muss nicht nur günstig, sondern auch nachhaltig sein und die Anforderungen der logistischen Prozesse gut überstehen.

Sie arbeiten seit über 20 Jahren in der Verpackungsentwicklung – was hat sich in den vergangenen Jahren beim Thema Verpackung geändert?

Was wir deutlich feststellen können ist, dass sich die Wahrnehmung von Verpackungen – auch von Transportverpackungen – stark verändert hat. Weg vom „darf nichts kosten“ und vom „landet eh im Müll“ hin zu Werbeträger, Prozessbestandteil und Teil des Produkterlebnisses. Viele Unternehmen legen heute Wert darauf, dass deren Kunden eine besondere „unboxing-experience“ beim Auspacken des Produktes haben.  

Erzählen Sie mal, was waren die spektakulärsten Aufträge, für die Sie und Ihr Team eine Verpackungslösung finden mussten?

Da muss ich gar nicht lange überlegen. Erst kürzlich haben wir für Volocopter einen Prototypen verpackt, der transportiert werden sollte. Die Herausforderung war eine Kiste von nahezu 10 x 4 Metern bei einer Gesamthöhe von 3 Metern so zu konstruieren und zu bauen, dass ein fast kompletter Volocopter dort hineinpasste. Und das ist nur ein Beispiel von vielen, allein schon, wenn ich an die Komplexität und Größe von Flugzeugersatzteilen denke, die wir für einen großen europäischen Hersteller in von uns konstruierte und gebaute Kisten verpacken. 

Sind Sie auch dafür da, Ihre Kunden in Hinblick auf das neue Verpackungsgesetz zu beraten?

Wir führen keine Rechtsberatung durch. Aber wir weisen unsere Kunden auf Fallstricke und Pflichten hin.

Jeder Versender ist vom neuen Verpackungsgesetz betroffen

Zum Beispiel?

Vielen Unternehmen ist noch gar nicht bewusst, dass jeder, der Ware verpackt und ausliefert, vom neuen Verpackungsgesetz betroffen ist. Das heißt, wirklich jeder muss angeben, wie viele Verpackungen mit welchen Eigenschaften und welchem Gewicht er in Umlauf bringt. Das fordert von den Logistikzentren einen erheblichen administrativen Aufwand für die Stammdatenpflege. Hier bieten wir Unterstützung an. Um es klar zu sagen: Uns als Europac betrifft das Verpackungsgesetz nur am Rande, weil wir die Verpackungen zwar bereitstellen, sie aber weder befüllen noch versenden und deshalb vor dem Gesetz nicht diejenigen sind, die die Verpackungen in Umlauf bringen. In der Pflicht stehen die Versender und die Betreiber von Logistikzentren …

… aber Europac unterstützt.

In vielerlei Hinsicht. Und das seit über 50 Jahren.

About the Author

Andreas Pietsch Der freie Journalist Andreas Pietsch ist auf Logistik-Themen spezialisiert. Er schreibt seit 1992 für DB Schenker beziehungsweise für die Vorgängergesellschaften. Am meisten angetan haben es ihm die Themen aus Landverkehr, Seefracht und Kontraktlogistik. Aber auch bei der Luftfracht weiß er, wie man einen Sachverhalt treffend auf den Punkt bringt.