Multimodale Konzepte sollen helfen, den Umstieg von Individualverkehr zum ÖPNV zu erleichtern. © stock.adobe.com / Kara
Multimodale Konzepte sollen helfen, den Umstieg von Individualverkehr zum ÖPNV zu erleichtern. © stock.adobe.com / Kara

Wenn es um Fragen der modernen Mobilität geht, stehen unsere Städte vor enormen Herausforderungen. Schon heute stehen in vielen deutschen Großstädten statistisch gesehen die Bewohner und die vielen täglichen Pendler mehrere Tage im Jahr mit ihrem Fahrzeug im Stau. Zusätzlich ziehen immer mehr Menschen vom Land in die Stadt. Im Jahr 2030 leben nach Vorhersagen drei von vier Menschen in den Städten. Es ist also nur eine Frage der Zeit, wann unsere ohnehin schon veraltete und überlastete Verkehrsinfrastruktur in den Städten kollabiert.

Die Lösung klingt in der Theorie jedoch ganz einfach. Der Kunde will zu einer bestimmten Zeit von A nach B kommen, mehr interessiert ihn ja eigentlich nicht. Idealerweise steigt er von seinem eigenen Fahrzeug, in dem er mehrheitlich heute in der Regel auch noch alleine sitzt, auf Bus und Bahn um. Ergänzt wird dieses Angebot um weitere private Mobilitätsanbieter. Verkehrsstaus und teure oder gar nicht vorhandene Parkplätze sind passé, die Lebensräume in den Städten können wieder den Menschen überlassen werden. Soweit die Theorie.

Für diese Art der neuen Mobilität gibt es einen Fachbegriff: die Multimodalität. Im Stadtverkehr werden hier von den Nutzern in einer bestimmten Zeitspanne unterschiedliche Verkehrsmittel eingesetzt. Diese Definition gilt sowohl für den Personen- als auch für den Warentransport.

Doch um den Verkehrsteilnehmern den Schritt in diese Multimodalität zu erleichtern, benötigt man gerade in den Städten mehr Kapazitäten, einfachere Tarife und bessere digitale Angebote, um Menschen für den Nahverkehr zu begeistern. Einige Städte und Verkehrsverbünde gehen derzeit mit eigenen Konzepten voran.

Was einst in Berlin ein Monopol an öffentlichem Verkehrsangebot war, das wird derzeit zu einem kundenorientierten, transparenten Mobilitätsdienst umgebaut. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) launchten kürzlich eine multimodale App mit dem Namen Jelbi, die das eigene Angebot mit ihren Bussen, U- und S-Bahnen sowie das Angebot fremder, privater Mobilitätsanbieter abbildet.

Jetzt finden sich hier Angebote von Carsharing-Partnern, Elektrorollern, Leihfahrrädern oder E-Scooter Sharing-Partnern. Zusätzlich baut Jelbi eigene Infrastruktur, in denen das Angebot der Privatanbieter gesammelt zur Verfügung gestellt wird. Neben den Fahrzeugen selbst finden sich hier zum Beispiel Ladestationen für die elektrischen Verkehrsmittel. Inmitten der Diskussion um eine qualitative Verbesserung des ÖPNV-Angebotes investiert die BVG, um somit Fahrer in Berlin aus den Autos in die multimodalen Lösungen zu bringen.

Neben einem verbesserten, digitalen Angebot ist die Hauptaufgabe der Mobilitätsanbieter, die Kapazitäten aufzustocken. Gerade in den Verkehrsverbünden müssen auf den benötigten Strecken Verkehrsmittel in einer ausreichend dichten Taktung verkehren. Eine weitere Hürde, vor allem für die sogenannten Gelegenheitsfahrer, sind die komplizierten Tarifsysteme. Gerade für diese Nutzer gilt es Fahrerlebnisse zu schaffen, die einen schrittweisen Umstieg zu den multimodalen Angeboten in Gang setzen.

Da gäbe es die Möglichkeit der Nutzung eines interessanten Ridesharing-Angebotes, um nach dem abendlichen Kneipen- oder Restaurantbesuch die Fahrt nach Hause sicher zu gestalten. Der Umstieg auf die Elektroroller oder E-Scooter für den Besuch der Sehenswürdigkeiten, der Stadtfeste oder auch zur Überbrückung der letzten Meile in der Stadt. Es sind vor allem diese persönlichen Erfahrungen, die ein Umdenken in den Köpfen der Nutzer möglich machen. Und wenn diese Erfahrungen einhergehen mit einer einfachen Bedienung und der Bezahlung aus einer App heraus, dann kehren diese Gelegenheitsnutzer später auch wieder zurück. Um diese Zielgruppe zu Wiederholungstätern zu machen, bieten diverse Verkehrsanbieter sogar eigene Anreize an. So ist beispielsweise im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) jede fünfte Fahrt kostenfrei – so baut man Kundenbindung auf.

In all den Überlegungen der Anbieter multimodaler Lösungen geht es letztlich darum, den Nutzer von seinen Gewohnheiten mit dem eigenen Auto fortzubringen. Für die jüngeren Generationen ist das bereits heute kaum ein Problem, viele von ihnen haben gar kein Auto mehr. Zum richtigen Preis und bei hoher Verfügbarkeit der Verkehrsmittel werden auch aus den älteren Zielgruppen in den nächsten Jahren Nutzer auf die multimodalen Mobilitätsangebote umsteigen.

About the Author

Axel Novak Axel Novak ist freier Journalist in Berlin. Seit mehr als einem Jahrzehnt beschäftigt er sich mit der Logistik-Branche und den Veränderungen, denen sie unterworfen ist. Axel Novak schreibt für Zeitungen, für Zeitschriften und für Unternehmen. Seine Schwerpunkte sind allgemeine Wirtschaftsthemen mit dem Fokus auf Mobilität, IT, Energie und Finanzen.