Täglich ab 17 Uhr bietet sich Berufskraftfahrern das gleiche Bild: Eine Raststätte nach der anderen ist vollgeparkt. Die zulässige Lenkzeit ist aber erreicht und bei einer Überschreitung drohen empfindliche Strafen. Was tun?
Trotz der überfüllten Parkplätze suchen weitere Lkw einen Stellplatz für die Nacht. Zwar müssen Berufskraftfahrer auch tagsüber nach spätestens viereinhalb Stunden eine Pause von 45 Minuten machen, hier verteilt sich das Parkaufkommen jedoch. Erst abends kommt es vor, dass Lkw notgedrungen bis in die Auffahrten von Raststätten parken. Das gefährdet sie selbst, ihre Ladung und andere Verkehrsteilnehmer, die in die Raststätte einfahren, da diese teilweise nicht ausreichend beleuchtet sind und Berufskraftfahrer dadurch die zugeparkte Zufahrt zu spät erkennen.
Eine Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen (BaSt) ermittelte, dass bundesweit 23.347 Lkw-Parkplätze an Autobahnen fehlen. Die Studie verglich im Jahr 2018 die tatsächlich geparkten Lkw mit der Kapazität dieser Parkplätze. Der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) schätzt sogar, dass in Deutschland 35 bis 40.000 Lkw-Parkplätze fehlen.
Der Bund ist dafür verantwortlich, Raststätten auszubauen und genügend geeignete Lkw-Parkplätze mit entsprechenden Sanitäreinrichtungen bereitzustellen. Lediglich neue Parkplätze zu bauen, ist jedoch keine Option, denn der Ausbau braucht Zeit und der Parkplatzmangel ist bereits akut.
„Schon einige Zeit vor Ende ihrer Lenkzeit müssen sich Berufskraftfahrer nach einem Parkplatz umsehen. Dadurch fahren sie weniger Kilometer und verlieren einen Teil ihrer wertvollen Arbeits- bzw. Lenkzeit. Das hat negative Folgen für ihr eigenes Wohlbefinden und für das Unternehmen“, so Alexander Ferber, Head of Road Brokerage für Deutschland und die Schweiz bei DB Schenker.
Um diesem Mangel zu begegnen, hat Verkehrsminister Scheuer im Januar einen Fünf-Punkte-Plan vorgestellt. Einer dieser Punkte ist der Ausbau der Parkflächen. Dafür will der Bund 2020 insgesamt 100 Millionen Euro investieren. Außerdem sollen private Investoren Fördergelder erhalten, um neue Parkmöglichkeiten in Autobahnnähe zu erschließen – etwa in Gewerbegebieten.
Die drei weiteren Punkte des Plans beschäftigen sich mit der optimalen Nutzung der bestehenden Lkw-Parkplätze. Telemetrische Verfahren sollen Berufskraftfahrer zu freien Parkplätzen lotsen. Beim Kompakt- und Kolonnenparken werden zuerst Länge und Kennzeichen des Lkw gescannt. Über ein Terminal gibt der Fahrer anschließend die geplante Abfahrtszeit für den nächsten Tag an. Das System weist dem Lkw nun einen passenden Parkplatz zu. Dabei stehen früher abfahrende Fahrzeuge vor, und später abfahrende Fahrzeuge hinter dem betreffenden Lkw. In Bayern und Rheinland-Pfalz sind solche Parkplätze bereits in Betrieb, für weitere Bundesländer sind sie in Planung.
Während Lkw-Parkplätze abends voll sind, sind viele Pkw-Parkplätze verwaist. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, diesen Parkraum nachts auch für Lkw freizugeben. Das BMVI hat außerdem die Grenze von 50 Lkw für nicht-bewirtschaftete Rastanlagen aufgehoben – auch das schafft Parkplätze.
Künftig soll es möglich sein, schon während der Fahrt, rechtzeitig einen freien Parkplatz im Führerhaus angezeigt zu bekommen – noch bevor der Lkw auf einen Parkplatz einfährt. Das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik koordiniert hierzu ein Projekt zur Entwicklung einer Datenplattform, die Informationen über freie Parkplätze beziehen und verwalten kann. Eine „Trucker-App“ soll die Berufskraftfahrer dann zu den freien Parkflächen lotsen.
Neben dem Neubau von Lkw-Parkplätzen ist vor allem eine intelligente Verkehrssteuerung das Gebot der Stunde. Der zunehmende Lkw-Verkehr auf Deutschlands Autobahnen macht dies umso deutlicher.
About the Author