Der im September in Karlsruhe verstorbene Stardesigner Luigi Colani liebte das Runde, Stromlinienförmige, Biomorphe. Sein umfangreiches Werk umfasst auch eine Menge Fahr- und Flugzeuge, darunter mehrere aerodynamische Lkws. Nach seinen eigenen Angaben waren diese bereits vor 30 Jahren in der Lage, 30 bis 40 Prozent Treibstoff einzusparen. In Serie gegangen ist jedoch nie einer seiner Lkw-Prototypen.
Colani war Bildhauer genauso wie Flugzeugbauer. Das erklärt auch, warum seine Fahrzeugentwürfe meistens so aussahen, als seien sie gerade eben gelandet. Womöglich sogar nach einer langen Reise von einem anderen Stern.
Dabei stand bei ihm das Biomorphe im Mittelpunkt. Er verstand Produktdesign als Nahtstelle zwischen Mensch und Maschine. Und diese Nahtstelle musste sich ganz klar den Bedürfnissen des Menschen unterordnen, also ergonomisch und biomorph werden. Heute gehören solche Aussagen zum Mantra eines jeden guten Produktdesigners. Zu Colanis populärsten Zeiten – den 70er und 80er Jahren – stand er damit jedoch noch ziemlich allein da.
Mehr noch als im Westen gilt Luigi Colani in Japan und China bis heute als absolute Design-Autorität. Für Air China entwarf er 2001 in einer Designstudie ein neuartiges Nurflügler-Großraumflugzeug, welches das dreifache Stauvolumen bei gleicher Passagierzahl der A380 haben würde.
Fahrzeugrekorde mit Colani Design
Fahr- und Flugzeuge hatten es Colani besonders angetan, denn Aeordynamik beherrschte er wie kein Zweiter. Mittels aerodynamischem Design schaffte es Colani, seine Prototypen wahlweise nach Höchstgeschwindigkeit oder Treibstoffverbrauch zu optimieren, allein durch die Veränderung der Karosserie:
1957 umrundete der von Colani optimierte Abarth-Alfa Romeo 1300 Berlinetta als erster GT-Sportwagen die Nordschleife des Nürburgrings in weniger als zehn Minuten. Durch Veränderungen an der Karosserie konnte der Sportwagen seine Spitzengeschwindigkeit von zuvor 190–200 km/h auf 230 km/h erhöhen.1991 stellte Colanis „Ferrari Testa d’Oro“ mit 351 km/h den Geschwindigkeitsweltrekord in seiner Klasse auf. In Serienproduktion sind seine Rekordfahrzeuge jedoch nie gegangen.
Ganz ähnlich erging es den von Colani entworfenen Lkw-Zugmaschinen, über die Jahrzehnte designte er acht Prototypen. Obwohl sie aufgrund ihrer aerodynamischen Karosserie zu Spriteinsparungen fähig sind von angeblich 30 Prozent und mehr, sieht man sie lediglich vereinzelt als Show-Trucks oder in Museen. Auch bei den Entwürfen seiner Trucks setzte Colani nur eine aerodynamisch optimierte Karosserie auf ein geeignetes Chassis eines bestehenden Trucks. Colanis Trucks unterschieden sich also lediglich im Karosserieaufbau von gängigen Lkw-Modellen. Der Colani Spitzer-Silo Truck von 2002 ist beispielsweise auf dem Chassis eines Mercedes-Benz Actros aufgebaut.
In Serienproduktion ist keiner seiner Lkw-Entwürfe gegangen, was Colani verbittert in einem seiner letzten Interviews feststellte. Über die Gründe, warum Colanis Entwürfe von den Lkw-Herstellern nicht zu Serienprodukten entwickelt wurden lässt sich nur spekulieren. Es kann an zu teuren Produktionskosten genauso gelegen haben wie an ungewollten Eigenschaften der Verkehrssicherheit oder anderen Gründen. In der Öffentlichkeit sind Colanis Trucks aber ohnehin mehr als Kunstgegenstände denn als Arbeitsgeräte gefeiert worden.
About the Author
Dr. Frieder Schwitzgebel studierte Philosophie und Physik an den Universitäten Mainz und Dijon und arbeitet seit 1996 als Unternehmensjournalist. Er ist Dozent für Wirtschaftsphilosophie an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Wiesbaden. Seine Schwerpunkte sind Neue Technologien, Kontraktlogistik und die Plattformökonomie.