Schenker-Lkw in den 1930er Jahren. © Deutsche Bahn AG

Es klingt kurios: Als Gottfried Schenker 1872 sein Unternehmen gründete, war das aus heutiger Sicht wichtigste Transportmittel im Landverkehr noch gar nicht erfunden. Erst 24 Jahre später konstruierte Wilhelm Maybach den Lastkraftwagen mit Verbrennungsmotor; Gottlieb Daimler baute ihn. Der erste Diesel-Lastwagen folgte 1923. Die Abkürzung Lkw ist im deutschen Sprachgebrauch seit Anfang der 1940er-Jahre geläufig.

Wie viel eigenen Fuhrpark benötigt eine Spedition und wie viele Aufträge vergibt man an unternehmensfremde Frachtführer? Eine schwierige Frage, auf die Schenker & Co. kurz vor der Jahrhundertwende eine bemerkenswerte Antwort fand: Man verkaufte alle 22 Pferde und 18 Wagen. Was nicht heißen soll, dass das Kapitel „Eigentum an Fahrzeugen“ damit geschlossen war. Im Gegenteil! Anfang der 1930er-Jahre weist die Schenker-Bilanz einen Fuhrpark mit „200 Lastkraftwagen und Traktoren sowie 500 Pferden“ aus.

Pferdefuhrwerke waren noch lange im Einsatz

500 Pferde und 200 Lkw! Zahlenmäßig waren um 1930 die eisenbeschlagenen Hufe den Gummireifen deutlich überlegen. Trotzdem wirkten die Tiere ziemlich schwächlich neben den kraftvoll rumorenden und nie ermüdenden Maschinen. Geht man bei den Fuhrpark-Fahrzeugen von einer durchschnittlichen Motorleistung von 80 PS aus, stand es nach Pferdestärken 16.000 zu 500 für die Lkw. Die Lastwagen kamen hauptsächlich auf längeren Strecken zum Einsatz und machten dem Schienenverkehr zunehmend Konkurrenz. Die Pferde mit ihren Karren waren für den Ortsverkehr zuständig oder für das, was wir heute letzte Meile nennen.


Viele Jahrzehnte waren Pferdekarren gefragte Transportmittel im Nahverkehr. Hier ein Foto von der Schenker-Niederlassung Kronstadt/Rumänien um 1930. © Deutsche Bahn AG

Die vierbeinigen Transportmittel hielten sich länger im Speditionswesen, als manch einer vermuten mag. Während die Schenker-Geschäftsstelle München das Hottehü-Zeitalter im Transportwesen 1964 beendete, machten sich in Niedersachsen weitere Generationen mit Hafermotor auf den Weg zum Kunden. Die Weihnachtsausgabe der Mitarbeiterzeitung „Schenker Welt“ berichtete 1983 (!) darüber, dass der Trakehner Amor und die Westfalenstute Julia täglich für Schenker-Hameln auf Tour gingen. Die Kutscherin war eine 74 Jahre alte Pferdefuhrunternehmerin.

Holzgas für den Antrieb

Dann gab es da noch die mit Holzgas angetriebenen Lastwagen. Solche Fahrzeuge besaßen einen konventionellen Verbrennungsmotor. In Ermangelung von flüssigem Treibstoff stattete man sie mit einem zusätzlichen Vergaser aus, der aus Buchenscheiten Antriebsenergie gewann. Ein nicht sonderlich effizientes Verfahren mit ungünstigem Wirkungsgrad: Ungefähr drei Kilogramm Holz waren nötigt, um einen Liter Benzin zu substituieren. Auch Schenker setzte mit Holzgas angetriebene Fahrzeuge ein, meistens waren es Kleintransporter. In den 50ern verschwanden sie aus dem Straßenbild.

Die wichtigste Energiequelle für den Lastkraftwagen war freilich der Diesel – und den haben die Motoren jahrzehntelang in gewaltigen Mengen geschluckt. Waren es in den 70er-Jahren bei den schweren Lkw gut und gerne 50 Liter je 100 Kilometer, so sind es bei einem beladenen 40-Tonner heute rund 30 Liter. Trotz dieser Tendenz zum sparsamen Ressourceneinsatz gilt der Dieselmotor in Zeiten des Klimawandels als Auslaufmodell.

Auf dem Weg zum CO2-freien Landverkehr

Aktuell befindet sich der Lkw-Markt und mit ihm die Speditionen und Frachtführer in einer Zeitenwende. Die E-Mobilität nimmt Fahrt auf, allerorten legen elektrisch angetriebene Lkw ihre Reifeprüfung ab. Allein DB Schenker hat mit schweren Stromern schon weit mehr als 1.500.000 Kilometer im europäischen Stückgutverkehr zurückgelegt. Nach den Zugmaschinen kommen die Trailer dran. Eine entsprechende Kooperationsvereinbarung mit zwei Partnern hat DB Schenker im Oktober 2022 unterzeichnet. 2024 sollen die ersten eTrailer im Fernverkehr auf die Straße und einen weiten Step setzen auf dem Weg zu einer komplett CO2-freien Flotte.

Wasserstoff gewinnt ebenfalls an Bedeutung. Im Sommer gab DB Schenker bekannt, schrittweise eine Flotte von Brennstoffzellen-Elektrofahrzeugen aufzubauen. Sie haben im Vergleich zu batterieelektrischen Fahrzeugen mehrere Vorteile: höhere Nutzlast, größere Reichweite und schnelleres Betanken.

Ein bisschen „Back to the roots“

Parallel etabliert sich ein weiteres klimafreundliches Transportmittel, das DB Schenker bereits in 24 europäischen Städten einsetzt: das Lastenfahrrad.

Letzte Meile mit dem XXL-Lastenrad in Hamburgs City. © DB Schenker/ Max Lautenschläger

Es erinnert – ganz entfernt – an die alten Pferdefuhrwerke, bei denen auch Muskelkraft gefragt war. Allerdings wird der elektrifizierte Drahtesel hauptsächlich vom E-Motor angetrieben. Und der frisst weder Heu noch Hafer.

About the Author

Andreas Pietsch Der freie Journalist Andreas Pietsch ist auf Logistik-Themen spezialisiert. Er schreibt seit 1992 für DB Schenker beziehungsweise für die Vorgängergesellschaften. Am meisten angetan haben es ihm die Themen aus Landverkehr, Seefracht und Kontraktlogistik. Aber auch bei der Luftfracht weiß er, wie man einen Sachverhalt treffend auf den Punkt bringt.