Wenn auch ausschließlich als „Digitale Edition“- die Hannover-Messe 2021 war auch in diesem Jahr das, was sie sich seit jeher auf die Fahnen schreibt: „Weltleitmesse der Industrie und zentrale Plattform für Innovationen und Lösungen rund um die industrielle Transformation.“ So formulierte es Jochen Köckler, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Messe AG, bereits vor der Eröffnung in Hinblick auf 1.800 virtuelle Aussteller.
„Erwartungen übertroffen“
90.000 registrierte Teilnehmer unterstrichen die Bedeutung der Veranstaltung für Industrieprozesse, Automation und Informationstechnologie. Während der fünf Tage vom 12. bis 16. April stellten sie 700.000 Anfragen in der Aussteller- und Produktsuche. Visitenkarten wurden getauscht, Termine vereinbart, Konferenz- und Aussteller-Streams rund 140.000 Mal angeschaut. „Der Zuspruch zur digitalen Hannover-Messe hat unsere Erwartungen übertroffen“, so Köckler. Trotzdem sei an dieser Stelle erwähnt, dass 2019 – bei der bisher letzten regulären Hannover-Messe – weit mehr als doppelt so viele echte Besucher in die niedersächsische Landeshauptstadt kamen und 6.500 Aussteller ihre Stände aufschlugen.
Logistik, „Drohnen-Luftfracht“ und alternative Energien
Die Messe-Innovationen reichten von Künstlicher Intelligenz, Technologien für die einfache Programmierung von Robotern bis hin zu Lösungen für eine klimaneutrale Energieversorgung. Wie immer, wenn sich die Industrie Gedanken über ihre Prozesse macht, befand sich die Logistik in der Nähe. Sie ist es, die den internen Materialfluss, die Lagerung, den Transport hin zur Fabrik und weiter zum Empfänger organisiert und durchführt.
Nach wie vor besonders spannend aus Sicht der Logistik: Drohnen. Einerseits erledigen sie als „Auge in der Luft“ die Inventur eines Hochregallagers im Vorbeiflug. Andererseits werden sie als Transporteure immer bedeutsamer. Stichwort: Versorgung von Produktionsanlagen per „Drohnen-Luftfracht“ aus dem Lager nebenan. Die Hannover-Messe zeigte solche Lösungen inklusive digitaler Steuerung und exaktem Datenmanagement. Ebenfalls Dauerrenner-Themen sind CO2-neutrale Transporte und Elektromobilität. Weiterhin schwer im Kommen sind die wasserstoffbasierten Antriebe für Fahrzeuge, die ihre Vorteile gegenüber den Batteriekonzepten bei der Beförderung von schweren Lasten auf langen Strecken ausspielen.
Die resiliente Lieferkette
Ein Begriff, den man eher auf Gesundheits- und Coachingkongressen erwartet, charakterisiert inzwischen Versorgungsketten: Resilienz. Für manche Dienstleister ist es nur eine Frage von Algorithmen, um die Supply Chain vor Unterbrechungen zu schützen. Sie entwickeln Konzepte, bei denen es nicht darum geht, Störungen zu analysieren und daraus zu lernen. Vielmehr zielen sie auf die Vorausschau ab. Zum Beispiel: An einem wichtigen Seehafen zeichnet sich für die kommende Woche ein Streik ab: Wie stelle ich schon jetzt sicher, dass meine Waren rechtzeitig an Ort und Stelle eintreffen? Oder: Ein Wetterumsturz mit extremer Kälte kündigt sich für die nächsten Tage an und wird die Transporte über den Landweg beeinträchtigen. Lange vor der ersten Schneeflocke sorgen resiliente Lieferketten dafür, dass die Minustemperaturen außerhalb des Werkes den produktiven Schwung drinnen nicht einfrieren. Voraussetzung ist ein perfektes Datenmanagement. Es hält die unternehmenseigenen Informationen zu Materialbeständen, Fertigungsplanung und erwarteten Lieferungen ebenso im Blick wie Wetterprognosen, den Zustand von Verkehrswegen und das allgemeine Weltgeschehen.
Die neue Dimension
Logistik und Hannover-Messe, das gehört im digitalen Zeitalter mehr denn je zusammen. Da hatte es fast den Charakter einer Zusammenfassung, als Michael Henke, Leiter des Fraunhofer IML, zum Ende des letzten Tages über die Blockchain sprach und erläuterte, wie künftig Materialfluss, Produktion und Finanzfluss inklusive Versicherung in einem komplett integrierten System zueinanderfinden.
2022 kommt die Hybrid-Version
Die nächste Hannover-Messe findet vom 25. bis 29. April 2022 statt. Angekündigt wird sie schon jetzt als Hybrid-Veranstaltung. Darüber freut sich jeder. Denn in Verbindung mit Messen verheißt „hybrid“ heutzutage vor allem eines: mit Präsenz!
About the Author
Der freie Journalist Andreas Pietsch ist auf Logistik-Themen spezialisiert. Er schreibt seit 1992 für DB Schenker beziehungsweise für die Vorgängergesellschaften. Am meisten angetan haben es ihm die Themen aus Landverkehr, Seefracht und Kontraktlogistik. Aber auch bei der Luftfracht weiß er, wie man einen Sachverhalt treffend auf den Punkt bringt.