„Dschabal Ali“, „Port Jebel Ali“, „Mina Dschabal Ali“: drei Namen für denselben Hafen – den verkehrsreichsten im Nahen Osten. Er verfügt über vier Containerterminals und findet sich im weltweiten Umschlag-Ranking mit 14,1 Millionen TEU pro Jahr nur einen Platz hinter der Nummer zehn Rotterdam. Betrachtet man allein die Kapazitäten des Hafens, rangiert er noch weiter vorne: Seit Inbetriebnahme von Terminal 4 ist Port Jebel Ali in der Lage, jährlich 22,4 Millionen TEU umzuschlagen, das bedeutet Platz 6 in der Welt. Neben Jebel Ali gibt es in Dubai noch den älteren Port Rashid, der seit einigen Jahren hauptsächlich Passagierschiffe empfängt.
Dubai liegt nahe der Straße von Hormus, die den Arabischen Golf mit dem Golf von Oman und dem Indischen Ozean verbindet. Nicht zuletzt diese geografische Position prädestiniert Dubai als Umschlagplatz für die Kombination von Luft- und Seeverkehr. Schiffe aus Asien – etwa aus China, Thailand oder Singapur – steuern den Tiefseehafen Jebel Ali an, damit eilige Fracht innerhalb von vier Stunden auf den Flieger wechselt. Auf diese Weise nutzen die Verlader die Vorteile beider Verkehrsträger: Die Fracht ist von Asien nach Frankfurt bis zu zwei Wochen schneller, als wenn sie komplett den Seeweg nimmt. Der gesamte Transport kostet etwa die Hälfte im Vergleich zur reinen Luftfracht. Von den CO2-Emissionen entfallen 50 Prozent, wenn man als Bezugsgröße die Werte des Lufttransportes heranzieht. DB Schenker bietet seinen Kunden diese Option unter dem Produktnamen DB SCHENKERskybridge an.
Den Hafen offiziell eingeweiht hat am 26. Februar 1979 niemand Geringeres als Queen Elizabeth II. Seitdem wurde Jebel Ali mehrfach erweitert. Gleichzeitig wuchs die Stadt Dschabal Ali heran, sie wurde eigens für Hafenarbeiter gegründet. Das Hafengelände misst 134 Quadratkilometer und ist damit fast doppelt so groß wie das von Deutschlands größtem Hafen Hamburg. Neben seiner wirtschaftlichen Relevanz hat Jebel Ali auch eine strategische Bedeutung: Außerhalb des eigenen Territoriums steuert die Marine der USA keinen Hafen in der Welt häufiger an als Jebel Ali, von den US-Soldaten „der Sandkasten“ genannt.
Eine Stadt wächst nach oben
Auf dem Weg von Downtown Dubai zum rund 30 Kilometer entfernten Port Jebel Ali entdeckt das Auge einen Baukran neben dem anderen. Verbindlich gezählt hat sie niemand. Aber es gilt als Faktum, dass sich 25 Prozent aller weltweit verfügbaren Baukräne derzeit in Dubai versammeln. Und die stehen da nicht rum, sondern drehen sich, bauen was das Zeug hält und lassen die Metropole am Arabischen Golf stetig in die Höhe wachsen. Auf keinem Flecken der Erde recken sich so viele Wolkenkratzer der Kategorie „über 300 Meter“ in die Luft. Und nur wenige Reiseziele zählen mehr Touristen als die größte Stadt der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE).
Die Bautätigkeit mag als ein Indiz für das ungeheure Innovationstempo gelten, das die Menschen hier an den Tag legen. „Innovationen werden in Dubai allgemein hochgeschätzt. Man ist immer bestrebt, bei Neuentwicklungen Vorreiter zu sein“, sagt Gerald Pfeifer von DB Schenker. Der Manager Network Business Development Middle East and Africa lebt und arbeitet seit 2018 in Dubai.
Schnelle Containerbewegungen
Auch und gerade im Umfeld von Verkehr und Logistik kommt Dubai mit Schallgeschwindigkeit voran. Im August hat das Boxbay-Hochregallager seine Testphase beendet. Boxbay ist ein Joint Venture des deutschen Maschinen- und Anlagenbauers SMS group und des in Dubai ansässigen globalen Hafenbetreibers DP World. Das System lagert Container auf elf Ebenen eines Stahlgestells. Anders als sonst im Hafen stehen die Boxen nicht direkt aufeinander. Stattdessen hat wie im Palettenregal jeder seinen eigenen Stellplatz. Die elektrisch betriebenen Kräne können die unten stehenden Container entnehmen, ohne erst zahlreiche andere versetzen zu müssen. Das reduziert die Zeit beim Be- und Entladen von Schiffen enorm. Die Stromversorgung erfolgt über Solarzellen auf dem Anlagendach. Das in Dubai unter Echtbedingungen getestete Hochregallager nimmt knapp 800 Container auf.
Die Konzeption eines weiteren Logistik-Leuchtturmprojektes mit Beteiligung des Hafenbetreibers DP World kommt ebenfalls voran: ein Hyperloop, der Menschen und Güter in Kapseln mit 1.200 Stundenkilometern durch eine weitgehend luftleere Röhre auf Luftkissen bewegt.
Ausgeprägte Innovationskultur
Ein Bummel über den Basar von Dubai nimmt noch immer die Sinne gefangen. Eingehüllt vom betörenden Geruch phantastischer Gewürze schlendert man an atemberaubend schönen Schmuckstücken vorbei und genießt das orientalische Flair. Ein bisschen von der Romantik aus Tausendundeiner Nacht hat sich erhalten. Ansonsten gehört Dubai der modernen Welt des 21. Jahrhunderts an. Wenn in dieser Stadt irgendetwas auf der Suche nach phantastischen Zielen abhebt, dann ist das kein fliegender Teppich, sondern die Innovationskraft einer vom Fortschritt begeisterten Kultur.
About the Author
Der freie Journalist Andreas Pietsch ist auf Logistik-Themen spezialisiert. Er schreibt seit 1992 für DB Schenker beziehungsweise für die Vorgängergesellschaften. Am meisten angetan haben es ihm die Themen aus Landverkehr, Seefracht und Kontraktlogistik. Aber auch bei der Luftfracht weiß er, wie man einen Sachverhalt treffend auf den Punkt bringt.