So geht Luftfracht der Zukunft: Kaum ist das Frachtflugzeug gelandet und entladen, stehen im Hub eine Vielzahl von Robotern bereit, um sie zu verteilen oder auf andere Routen umzuschlagen. Pausenlos flitzen starke Maschinen autonom durch das Hub. Clevere Programme berechnen und kontrollieren den effizienten Einsatz.
Digitale Luftfracht der Zukunft – das ist die Vision einer Branche, in der hochautomatisierte Roboter eine Vielzahl von Abläufen mit rasantem Tempo autonom durchführen. Doch Luftfracht ist komplex, das Tempo so hoch wie die Sicherheitsanforderungen. „Die Herausforderung sind sehr hoch, in der Luftfracht herrscht ein hohes Tempo“, erläutert Alexander Mentgen, der als Project Manager Digital Products & Strategy am Projekt beteiligt war. „Gleichzeitig ist der Markt für spezifische Lösungen im Vergleich zur Seefracht und zum Landverkehr eher klein.“
Auch DB Schenker geht die digitale Transformation an. Der Logistikdienstleister ist Partner beim Projekt „Digitales Testfeld Air Cargo“ (DTAC), bei dem das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML) seit 2021 digitale und automatisierte Lösungen erkundet. Kürzlich hat das Fraunhofer IML dafür am Flughafen München ein Praxis-Testfeld eingerichtet. Dort sollen verschiedene Lösungen im Zusammenspiel getestet werden. „Wir sind ein innovatives Unternehmen. Wir freuen uns, wenn wir durch den Austausch mit Partnern und Wissenschaftlern Erfahrungen teilen und mehren können“, erläutert Niklas Weishaupt, Innovation Manager bei DB Schenker: „Durch solche Tests vor Ort erfahren wir, was in Zukunft möglich ist und was möglicherweise bei uns zum Einsatz kommen könnte.“
Viele Roboter arbeiten eng zusammen
Was genau wird getestet? Ein Roboterhund identifiziert und meldet mit seinen Scannern und 4K-Kameras selbständig Paletten und Lagerplätze im Lager. Ein autonomer Gabelstapler transportiert Stückgut zu einem automatisierten Hochregallager, der dynamische Roboter O³dyn bringt Europaletten in ein benachbartes Lager und eine zweiarmige Maschine namens evoBOT legt Pakete von der Europalette auf das Förderband eines Röntgengerätes und wieder zurück. Komplex ist die Steuerung der Testfeld-Prozesse: „Die vom Fraunhofer IML entwickelte Leitsystemsoftware openTCS übernimmt hierbei Aufgaben der Prozessteuerung und -überwachung. Während der Tests haben sich diesbezüglich vor allem hinsichtlich heterogener Roboterflotten verschiedener Hersteller neue Herausforderungen gezeigt, die nun in Folgeprojekten gezielt adressiert werden sollen“, erläutert Manuel Wehner vom Fraunhofer IML.
Dabei ist DB Schenker in zwei Bereiche involviert. Beim automatisierten Alltagseinsatz konnte der Logistiker eigene Erfahrungen einbringen. Vor allem in der Lagerlogistik ist er mit vielen innovativen Lösungen aktiv. „Wir haben hier unsere Analysen mit dem Projektteam teilen können“, sagt Alexander Mentgen.
Auch beim Thema Künstliche Intelligenz konnte DB Schenker Know-how vermitteln. Es geht darum zu untersuchen, wie ausgeklügelte Algorithmen Warenströme besser vorhersagen können. Mit der HIP-Software (Hub Inbound Prediction) steuert DB Schenker schon heute den Einsatz von Ressourcen an Flughäfen. Die Software integriert Informationen von verschiedenen Plattformen und reichert sie mit prädiktiver Analytik an. Das stabilisiert die Abläufe bei eingehenden Sendungen, vor allem in Spitzenzeiten.
Das Projekt läuft noch – die Auswertung hat schon begonnen
Das Fraunhofer IML plant das DTAC-Projekt noch bis August 2026 weiterzuführen und dann auszuwerten. Mit dabei sind neben DB Schenker weitere Akteure der Luftfrachtbranche: die Flughäfen Frankfurt, Köln, Leipzig und München, sowie Unternehmen wie CHI Deutschland Cargo Handling, Lufthansa Cargo, Sovereign Speed, Airbus, LUG aircargo sowie die International Air Transport Association (IATA). Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr fördert das Vorhaben mit insgesamt 13,7 Mio. €.
Bei DB Schenker haben verschiedene Abteilungen schon längst begonnen, das Projekt auf mögliche Erkenntnisse für die eigenen Abläufe zu untersuchen: „In der Praxis müssten viele Prozesse angepasst werden, damit eine Automatisierung sinnvoll wäre“, sagt Marco Larché, Air Freight Cluster DE/CH bei DB Schenker. „Beim Import ins Lager gibt es zum Beispiel viele unterschiedliche Abläufe. Auch die Verpackungen sind oft nicht standardisiert.“ Verlader und Logistiker müssen gemeinsam Standards auf- und umsetzen, um die Transformation Wirklichkeit werden zu lassen.
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Axel Novak ist freier Journalist in Berlin. Seit mehr als einem Jahrzehnt beschäftigt er sich mit der Logistik-Branche und den Veränderungen, denen sie unterworfen ist. Axel Novak schreibt für Zeitungen, für Zeitschriften und für Unternehmen. Seine Schwerpunkte sind allgemeine Wirtschaftsthemen mit dem Fokus auf Mobilität, IT, Energie und Finanzen.