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Faktoren wie steigender E-Commerce und Unsicherheiten in den globalen Lieferketten beeinflussen auch die Nachfrage und den Bedarf an Lagerflächen. © DB Schenker

Was sich zum neuen Jahrtausend noch als Trend abzeichnete, ist längst gesellschaftliche Realität: Besonders im B2C-Bereich wird gerne online bestellt. Im Vergleich zu 2010 hat sich das Handelsvolumen im E-Commerce nahezu vervierfacht (Statista, Jan 2020). Corona-bedingte Lockdowns untermauern den steigenden Onlinehandel in unserer Gesellschaft.

Faktoren wie steigender E-Commerce und Unsicherheiten in den globalen Lieferketten beeinflussen schließlich auch die Nachfrage und den Bedarf an Lagerflächen. Doch welche Auswirkungen haben diese Faktoren auf die Lagerkapazität allgemein und wie muss sich die Lagerlogistik konkret verändern, wenn Einzelprodukte schneller verfügbar sein müssen? logistik aktuell hat mit Ole Trumpfheller, EVP Contract Logistics & SCM bei DB Schenker für das Cluster Deutschland und Schweiz, über die Auswirkungen dieser Entwicklung gesprochen.

logistik aktuell: Herr Trumpfheller, die Pandemie hat sich auf die meisten Wirtschaftsbereiche ausgewirkt – auch in unserer Branche. Der Online-Handel boomt und pandemiebedingte Lockdowns verstärken diese Entwicklung. Welche konkreten Auswirkungen hat dies auf Lagerflächen? Entsteht ein Rückstau an Produkten oder herrscht große Leere, weil Lieferketten stocken?

Ole Trumpfheller: Das ist je nach Ware und Standort unterschiedlich, da wir an unseren über 90 Kontraktlogistikstandorten in Deutschland und der Schweiz ein breit gefächertes Kundenspektrum abdecken. Erstmal hatte der Lockdown große Auswirkungen auf unsere Automotive-Standorte, die teilweise für kurze Zeit zum Stillstand kamen. Mittlerweile ist das aber nicht mehr der Fall. An einem unserer Standorte zum Beispiel verpacken wir Spirituosen an Endverbraucher und hier ist der Absatz seit Corona gestiegen. An einem anderen Standort wird Schokolade, die besonders an Flughäfen verkauft wird, gelagert und verpackt – dort haben wir dann natürlich nicht mehr so viel Bewegung. Als im Winter 2020 so gut wie keine Ware mehr aus China kam, waren viele europäische Lager erstmal ziemlich leer und als dann die chinesische Wirtschaft wieder Auftrieb erhielt und dazu noch eine große Menge an importierten Medizinprodukten den Trend verstärkt hat, war freie Fläche Mangelware. Es ist also eine fast tägliche Herausforderung in der Kontraktlogistik, diese Anforderungen und Wechsel operativ zu steuern.

Inwiefern beeinflusst der steigender E-Commerce-Handel Größe, Standort und Anforderungen an die Zwischenlager von Konsumgütern?

Amazon – der Marktführer im E-Commerce schlechthin – zeigt ja schon, welche Anforderungen eine immer schnellere Lieferkette mit sich bringt. Da zeitgleich aber auch das Angebot steigt, werden die Lager nicht kleiner, es werden aber trotzdem mehr. Allerdings arbeitet die Mehrzahl der Kontraktlogistikstandorte von DB Schenker im B2B Bereich – wir sind breit aufgestellt und flexibel, weshalb wir in der Summe jede Schwankung gut kompensieren können.

Blicken wir mal in die Zukunft. Wie werden Ihrer Meinung nach Lager künftig sortiert und betrieben, um möglichst schnell Bestellungen einlösen zu können?

Die Antwort heißt hier nicht immer Automatisierung, da sich neben schnelleren Abläufen auch die Kundenanforderungen immer rasanter ändern. Eine automatische Lösung lässt sich allerdings oft nur auf spezifische Anforderungen anpassen. Deshalb wird es auch in Zukunft immer manuelle Abläufe geben, die natürlich durch Technisierung wie zum Beispiel Pick-by-Vision oder Exoskelletten als Hebehilfen, optimiert werden. Durch das Zusammenspiel der optimierten Prozesse und sinnvoller Automatisierung werden auch in Zukunft die Lagerabläufe immer mehr beschleunigt werden können.

Auch in der Industrie muss inzwischen vermehrt Just-In-Time geliefert werden. Was ist hier hinsichtlich der Lagergröße zu bedenken?

Just-In-Time ist in der Industrie keine neue Erfindung und auch Just-in-Sequence (also die richtigen Güter, zur richtigen Zeit, in der richtigen Reihenfolge abzufertigen), wird schon seit längerem betrieben. Allerdings bringt das immer noch Herausforderungen mit sich. Durch die Notwendigkeit eine hohe Gütervielfalt auf Vorrat zu lagern, steigt der Bedarf an Flächen entsprechend. Ein Bandstillstand aufgrund von fehlenden Teilen treibt jedem Logistiker Schweißperlen auf die Stirn. Hochregallager helfen hier dabei, den Hallenraum so gut wie möglich zu nutzen und zu verdichten. DB-Schenker schafft es, flexible und atmende Lager mit einer Supply-Chain-Überwachung zu verbinden, so dass zum Beispiel ein Halbleiterengpass oder die Blockade des Suez-Kanals die Produktion nicht in die Knie zwingt.

Wie flexibel können die Lagersysteme auf kurzfristige Änderungen reagieren – zum Beispielbei Warenüberschuss oder fehlendem Nachschub?

Wir haben es hier mit zwei sehr unterschiedlichen Problemstellungen zu tun. Bei Warenüberschuss oder fehlendem Nachschub hilft auch das beste Lagersystem nur sehr bedingt. Wenn ein Lager wirklich vollläuft und es keine Ausweichflächen gibt, wird jeder Quadratmeter genutzt. Das alles führt dazu, dass sich die Ein- und Auslagerungsprozesse verlangsamen können. DB Schenker ist hier allerdings mit über 1 Mio. Quadratmeter Lagerfläche allein in Deutschland sehr gut aufgestellt. Bei fehlendem Nachschub erkennt ein gut parametriertes Lagersystem diesen aufkommenden Engpass frühzeitig und ermöglicht so eine präventive Reaktion. Idealerweise ist diese Nachschubüberwachung dann auch mit der Lieferplanung des Kunden im Einklang.

Welche technischen Neuerungen gibt es für den Lagerbetrieb? Hat die Corona-Krise neue Entwicklungen angestoßen oder beschleunigt?

Zunächst einmal haben uns technische Neuerungen in einigen Lagern dabei helfen können, dass unsere Mitarbeiter an die Abstände zueinander erinnert werden. Sobald sich Mitarbeiter auf unter 1,5 Meter nähern, vibriert ein Gerät am Gürtel oder eine spezielle Warnweste fängt an zu leuchten. Falls ein COVID-Fall auftritt, können dann die Kontakte des Mitarbeiters während der Arbeitszeit nachvollzogen werden. Aber auch das bereits erwähnte Exoskelett hilft dabei, Körperannährungen zu vermeiden. Wo vorher 2 Mitarbeiter ein schweres Teil heben mussten, hilft jetzt die Technik und die Aufgabe kann viel einfacher allein bewältigt werden.

Da aber größere Neuerungen in der Kontraktlogistikwelt oft einige Jahre benötigen, um sich wirklich durchzusetzen, lässt sich jetzt noch nicht sagen, ob die Corona-Krise hier be- oder entschleunigend gewirkt hat, um dies auf den Weg zu bringen.

Danke, Herr Trumpfheller, für das Gespräch!

About the Author

Julia Weise Julia Weise berichtet über komplizierte technische Themen, ohne dass man dafür ein Fremdwörterbuch braucht. Sie schreibt über Trends und Herausforderungen unter anderem in der Kontraktlogistik und dem Warehouse Management sowie über smarte Softwarelösungen. Die studierte Friedens- und Konfliktforscherin betreut in der Frankfurter PR-Agentur Adel & Link B2B-Kunden und Unternehmen aus der Tech-Branche.