Das Warehouse als Innovation Lab

Innovationen entstehen, wenn gute Ideen mit einem offenen und pragmatischen Praxisumfeld in Verbindung gebracht werden. So wie das immer wieder bei DB Schenker der Fall ist. Jüngstes Beispiel ist der Einsatz eines ferngesteuerten Flurförderzeugs, das das deutsche Logistik-Startup enabl anbietet. Was diese Technologie leisten kann, hat DB Schenker in einem Pilotprojekt in seinem Shared Logistic Center Hildesheim erfolgreich erprobt.

Vision meets application

Gute technische Ideen sind etwas Schönes. Wirklich durchschlagen können sie nur, wenn sie die Bedürfnisse und Anforderungen praktischer Einsatzfälle unterstützen. Diese Anforderungen kennt DB Schenker im Bereich der Lagerlogistik zur Genüge. In Warehouses rund um die Welt werden die stetig wachsenden Kundenforderungen nach höheren Umschlagvolumina, schnelleren Durchlaufzeiten und minimierten Fehlerquoten mit allen Mitteln der logistischen Kunst bedient.

Um im Wettlauf mit steigenden Kundenanforderungen die Nase vorn zu behalten, ist DB Schenker kontinuierlich auf der Suche nach neuen Innovationspartnern. Auch im Bereich der Intralogistik. Hier sind beispielsweise Stapler-Fahrerinnen und -Fahrer oft nicht ausreichend verfügbar. Um Kunden der Kontraktlogistik oder in den Umschlagterminals bestmöglich zu bedienen, planen die Verantwortlichen in den Geschäftsstellen die Personalschichten in der Lagerhalle nach allen Regeln der Kunst. Doch Personalengpässe und starke Volumenschwankungen im Lagerumsatz erschweren immer wieder die Planung.

Daher wurde DB Schenker bei den Remote-Gabelstaplern von enabl schnell hellhörig. Thomas Reppahn, Head of Operational Excellence Contract Logistics: „Der Erfolg von technologischen Pilotprojekten gründet zum guten Teil in der unbürokratischen Kommunikation zwischen unterschiedlichen Unternehmensbereichen. In diesem Fall arbeiteten unsere Zentrale, die Innovationsabteilung und mehrere Standorte sehr produktiv zusammen. Den ersten Kontakt zu enabl hatten unsere Airfreight-Kollegen der Cargo City Süd bei der ‚Start-Ups meet Aviation‘ vom HOLM Future Aviation Lab in Frankfurt. Deren Empfehlung haben wir aufgegriffen und einen Test-Standort identifiziert. Die Wahl fiel auf Hildesheim, der geeignete Rahmenbedingung bot: Multicustomer-Warehouse mit eigenen IT- Systemen, in enger Kundennähe und mit dem Einsatz vielseitiger Staplertypen.“

Effizienz durch Stapler-Remote-Control

Wie sieht die Stapler-Fernsteuerungslösung aus, die beim Pilotprojet in Hildesheim zum Einsatz kommt? Der Staplerfahrer sitzt vor einer Fernsteuerungsstation, die mit einem Lenkrad, Pedalen, Bedieneinheiten, einem Monitor und einem Headset ausgestattet ist. So ausgestattet steuert er das Fahrzeug von einem beliebigen Standort aus. Der betreffende Stapler selbst, der von enabl für den Remote-Betrieb umgerüstet wurde, befindet sich in einer beliebigen Logistikanlage und führt über eine ständige Netzverbindung die Manöverbefehle in Echtzeit aus.

Perfekter Rundumblick im Remote Cockpit © enabl

Die Fernsteuerung von Gabelstaplern zielt darauf ab, bei zwei großen Herausforderungen in der Lagerlogistik zu helfen: Erstens beim Thema Arbeitskräftemangel. Und zweitens bei der optimierten, weil besonders flexiblen Personalplanung. Zusätzlich zu diesen wirtschaftlichen Vorteilen verbesserte die Lösung auch noch die Arbeitsbedingungen der Staplerfahrer. Denn der Remote-Fahrerplatz kann gesünder und ergonomischer gestaltet werden als der Sitz im Fahrzeug selbst. Und es könnten auch Fahrer mit Mobilitätsbeeinträchtigung beschäftigt werden.

Innerhalb von fünf intensiven Testtagen Ende Oktober 2023 wurde diese Technologie in Hildesheim erprobt. Es ging darum, ihre Praxistauglichkeit zu prüfen und Anwendungsszenarien zu identifizieren. Dazu wurden verschiedene Staplerfahraufgaben, wie zum Beispiel die Entladung von Anhängern sowie der Transport verschiedener Kisten und Spezialpaletten durchgeführt. Die technische und betriebliche Machbarkeit der Lösung steht nach diesen Tests außer Frage. Jetzt geht es in Zusammenarbeit mit enabl um die Validierung passender Einsatzfälle und Standorte für den produktiven Einsatz ferngesteuerter Gabelstapler.

Produktiv, flexibel, ergonomisch

Die Erfahrungen aus dem Hildesheim Projekt sind vielversprechend. Thomas Reppahn: „Der schwankende Bedarf von Fahrtätigkeiten kann mit der Lösung von enabl schnell abgearbeitet werden, ohne dass ein Fahrer erst zum Einsatzort laufen oder gar fahren muss. Insbesondere Engpasspositionen können gezielt besetzt werden. Staplerfahrer, oder auch spezieller Schubmaststaplerfahrer, werden ihrer Kernkompetenz nach eingesetzt und überbrücken nicht mit anderen Tätigkeiten. Schichten, die nur wenige Staplereinsatzstunden haben, können somit viel effizienter geplant werden.“

Und was sagen die Staplerfahrerinnen und -fahrer dazu? Thomas Reppahn: „Nach anfänglicher Skepsis gegenüber der neuen Technik wurden die zahlreichen Vorteile schnell erkannt. Die Fernsteuerung ermöglicht durch entsprechende Kameraeinstellungen unter anderem einen 360 plus 180 Grad Blick. Das heißt neben der Rundumsicht bietet das System auch die Perspektive nach oben. Weiterhin ist die Steuerung so eingestellt, dass der Stapler vorwärts als auch rückwärts mit identischen Lenkbewegungen zu fahren ist. Die Fahrer und Fahrerinnen müssen sich also nicht umstellen bei Änderung der Fahrtrichtung.“

Im Remote-Betrieb mindestens so sicher wie bei der konventionellen Bedienung © enabl

Und auch Innovationspartner enabl sieht seine bisherigen positiven Erfahrungen bestätigt: „Der Einsatz bei DB Schenker Hildesheim zeigt, dass unser Ansatz der Forklift Remote Automation bereits viele Prozesse des Lager- und Umschlagbetriebs abbildet. Wir können sowohl die Qualität als auch die Flexibilität der Intralogistik unserer Kunden verbessern und bieten somit eine Lösung für den Fachkräftemangel. Die starke Kombination von menschlichen Fahrern und künstlicher Intelligenz ermöglicht maximale Flexibilität und erleichtert unseren Kunden den Übergang zu einem autonomen Betrieb.“

Offenheit für neue Partnerschaften und innovative Technologie gepaart mit guter Kommunikation – mit diesem Mindset ist DB Schenker in der Lagerlogistik wieder ein Stück weiter in Richtung Zukunft gegangen. Zum Nutzen unserer Kunden und der Mitarbeitenden Vorort im Warehouse.

Neugierig geworden? Das Video aus Hildesheim zeigt den Remote-Stapler im praktischen Einsatz.

© DB Schenker

About the Author

Frieder Schwitzgebel Dr. Frieder Schwitzgebel studierte Philosophie und Physik an den Universitäten Mainz und Dijon und arbeitet seit 1996 als Unternehmensjournalist. Er ist Dozent für Wirtschaftsphilosophie an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Wiesbaden. Seine Schwerpunkte sind Neue Technologien, Kontraktlogistik und die Plattformökonomie.