Starkregen, Gewitter, Hochwasser – das Frühjahr und der Beginn des Sommers 2016 waren von schweren Unwettern geprägt. Wie wirken sich solche Wetterereignisse auf die Logistik aus?

Wir fragten Experten aus den Bereichen Landverkehr, Luft- und Seefracht, inwieweit das Wetter ihren Geschäftsbereich beeinflusst, wie damit umgegangen wird und ob sie eine Tendenz zu extremeren Wetterlagen feststellen.

1. Landverkehr: Probleme durch Schnee und Eis

Die extremen Wetterlagen diesen Jahres waren im Landverkehr spürbar: Wegen Starkregens konnten betroffene Orte nicht angefahren, Abholungen und Lieferungen nicht oder nur verspätet durchgeführt werden. „Bei Starkregen kommt es außerdem vermehrt zu massiven Staus, da die Infrastruktur bei unserer Verkehrsbelastung an der Kapazitätsgrenze ist“, meint Landverkehrsexperte Niko Vollmer aus der Zentrale System Freight bei der Schenker Deutschland AG. Den Logistikunternehmen wie DB Schenker entstehen dadurch Mehrkosten, stärker ins Gewicht fällt aber die Zufriedenheit der Kunden, die bei Verspätungen leidet.

Mehr noch als Starkregen wirke sich auf den Landverkehr jedoch die winterliche Witterung aus, wie Niko Vollmer betont: „Mit Blick auf das Wetter machen uns insbesondere Schnee und Glatteis die größten Probleme. Noch häufiger als bei Unwettern im Sommer kommt es dann zu Verspätungen. Außerdem steigt bei Kälte der Dieselverbrauch, was sich auf die Kosten niederschlägt.“

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Ein weiteres Problem sind die wetterbedingten Auswirkungen auf die Infrastruktur. Durch extreme Kälte und Hitze wird der Fahrbahnbelag aufgesprengt. „Einen extremen Fall hatten wir letztes Jahr bei Regensburg, wo die Autobahn wegen solcher Schäden längere Zeit gesperrt wurde. Für uns bedeutete das, Umwege in Kauf nehmen zu müssen“, erinnert sich Niko Vollmer. Außerdem wirke sich der schlechte Zustand der Autobahnen auf die Abnutzung der Lkw aus.

Ein spezielles Programm, um sich auf das extremer werdende Wetter einzustellen, gebe es noch nicht. Allerdings müsse das Thema im Hinterkopf behalten werden, so Niko Vollmer. Gespräche werden aber bereits mit der Innovationsabteilung von DB Schenker geführt. Geplant seien, laut Niko Vollmer, Tools auf den Handhelds der Fahrer, die eine dynamische Routenplanung abhängig von verschiedenen Kriterien zulassen. Eines davon sei auch die Wetterlage.

2. Seefracht: Multimodalität bringt Flexibilität

Einen noch größeren Einfluss besitzt das Wetter auf die Seefracht. Im Gegensatz zum Landverkehr wirkt sich hier nicht nur das regionale, sondern das weltweite Wetter auf die Pünktlichkeit einer Lieferung aus. „Ein Zyklon in Taiwan kann Einfluss auf die Ankunft der Schiffe in Deutschland haben“, meint Sebastian Trizna, Manager Intermodal Deutschland / Schweiz in Hamburg.

Vom Wetter abhängig, so Sebastian Trizna, sei aber die gesamte Transportkette, also auch Vor- und Nachläufe. Bei Sturm, wie er insbesondere an den Seehäfen auftritt, müsse die Verladung eingestellt werden. Bei Transporten aus und ins Hinterland auf Kanälen falle besonders die Eisproblematik im Winter ins Gewicht. Außerdem sei die Binnenschifffahrt vom Wasserstand der Flüsse abhängig, meint Sebastian Trizna. Beispielsweise führten die extremen Regenfälle dieses Jahr zu Hochwasser, Rhein und Elbe mussten zeitweise für Transporte gesperrt werden.

„Trimodale Flexibilität ist heute umso wichtiger, da durch die Straffung der Supply Chain kaum noch zeitliche Spielräume bestehen.“ (Sebastian Trizna)

Nicht minder problematisch verhält es sich bei Niedrigwasser. In diesem Fall müssen die Frachtmengen an die Wassertiefe angepasst werden. Für die Logistikunternehmen werden dann häufig Kleinwasserzuschläge fällig, wodurch die Kosten des Transports steigen, wie Sebastian Trizna zu bedenken gibt.

Um auf entsprechende Eventualitäten reagieren zu können, werden die Terminals an den Binnenhäfen zunehmend trimodal erweitert – mit Anschlüssen ans Schienennetz. Ist einer der Verkehrswege blockiert – zum Beispiel durch Unwetter, kann flexibel reagiert werden. Das kostet zwar Geld, gerade wenn vom günstigen Binnenschiff auf die Bahn oder die teurere Straße ausgewichen wird, doch lassen sich so die Erwartungen des Kunden bezüglich der pünktlichen Lieferung weiterhin erfüllen. „Das ist heute umso wichtiger, da durch die Straffung der Supply Chain kaum noch zeitliche Spielräume bestehen. Alles läuft ‚Just-in-Time’“, so Sebastian Trizna.

3. Luftfracht: Deutschland wenig anfällig für Wetter

Vergleichsweise wenig Einfluss besitzt extremes Wetter auf die Luftfracht. „Die Probleme in Deutschland sind überschaubar“, meint Sven Sauer. „Bei Starkregen wie im Frühjahr dieses Jahres kann es zu kurzzeitigen Verzögerungen kommen. Wenn Flüge ausfallen, sind das zunächst innerdeutsche Verbindungen. Das Exportgeschäft mit Fracht ist davon nicht betroffen.“

Und auch im Winter kommt es, laut dem Leiter Luftfracht Export in Frankfurt am Main, nur selten zu Schwierigkeiten: „Pro Jahr kommt es durchschnittlich an einem Tag zu Beeinträchtigungen.“ Im Vergleich zu anderen Regionen sei Deutschland wenig anfällig. Schwieriger sei das beispielsweise an der US-Ostküste. „Hier kommt es häufiger zu schweren Blizzards, wie zuletzt Anfang 2015. Ein anderes Beispiel sind Taifune in Süd-Ost-Asien.“

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Gibt es in Europa doch einmal Probleme, wie beim Ausbruch des Isländischen Vulkans Eyjafjallajökull 2010, werden Flüge nach Möglichkeit umgeleitet und entsprechende Flughäfen mit Lkw bedient. „Im Fall des Ausbruchs in Island als Frankfurt gesperrt war, fanden die Flüge von und nach Madrid statt. Vor- und Nachläufe wurden per Lkw über den Landweg erledigt.“ Das, so Sven Sauer, sei aber die Ausnahme.

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