Eigentlich fehlten nur noch die Leute von der Aktuellen Kamera, dann wäre das DDR-Idyll perfekt gewesen. Aber es hing auch so eine Mischung aus Geschichte und Melancholie in der Luft. Und zwar buchstäblich in der Luft, denn der Transport ging über eine Hebebühne entlang der Außenfassade. Mitte Juni verließen in Dresden 19 betagte Fahrzeug-Schätzchen aus der Vorwendezeit das Museum „Die Welt der DDR“. Darunter mehrere Trabants, das meistverkaufte Auto der DDR.
Aus der Museumsauflösung resultierte ein ungewöhnlicher Auftrag für die DB Schenker Geschäftsstelle Messen/Spezialverkehre Dresden. Nachdem sie bereits vor sechs Jahren die Fahrzeuge in das Gebäude eingebracht hatte, trat sie nun mit sechs Mitarbeitern an, um auch den Rückweg zu organisieren und umzusetzen. So verließ ein Fahrzeug nach dem anderen die Ausstellungshallen durch ein großes Flügelfenster in der Fassade. Den älteren Passanten und Zaungästen dürfte dabei manch eine Scherzbezeichnung für den Trabi durch den Kopf gegangen sein: Rennpappe, Gehhilfe, Überdachte Zündkerze, Kofferraum ohne Auto. Die Kosenamen für den Duroplastbomber klingen zwar selten schmeichelhaft, aber nach fast 25 Jahren irgendwie liebevoll. Seit 1958 tourte der Trabi in verschiedenen Versionen eigenwillig knatternd über die Straßen der Deutschen Demokratischen Republik. Und noch heute biegt hin und wieder ein Exemplar überraschend um die Ecke oder behauptet sich selbstbewusst auf der rechten Autobahnspur.
DDR-Klassiker Trabi, Wartburg & Co.
Dabei waren es nicht nur Trabis, die das auf der ersten Etage eines Einkaufszentrums gelegene Museum verlassen mussten. Mit dabei auch Fahrzeuge der Marken Wartburg, IFA und ein Wohnwagenmodell, das jeder in der DDR unter dem Namen Dübener Ei kannte, das aber eigentlich Würdig 301 hieß.
Sechs der 19 Autos gehörten zum Bestand des Museumsgründers. Sie fanden vorübergehend einen Platz in der Tiefgarage des Einkaufszentrums. Bei den anderen 13 Fahrzeugen handelte es sich um Leihgaben von Privatpersonen. Die Aufgabe der DB Schenker-Spezialisten war es unter anderem, die Trabis den Eigentümern auszuhändigen. Diese kamen eigens mit Kfz-tauglichen Hängern nach Dresden, um ihre alten Schätzchen in Empfang zu nehmen.
Hebebühne oder Kran?
Die Vorbereitung der Verladung dauerte drei Monate. Gewicht und Abmaße der Fahrzeuge wurden geprüft, ein Projektkonzept inklusive Auswahl des Equipments wurde aufgestellt. Außerdem hat DB Schenker die behördlichen Genehmigungen für die Fahrverbotszone eingeholt, was nicht ohne Ortsbesichtigung vonstattenging. „Wir haben eine Hebebühne eingesetzt, die bis sechseinhalb Meter hochfährt“, erklärt Heiko Löwe, Leiter der Dresdener Geschäftsstelle. Unten auf der Straße übernahm ein Gabelstapler für große Höhen („Triplex-Stapler“) die Pkw von der Hebebühne und beförderte sie zu den bereitstehenden Transportfahrzeugen.
Routine in Sachen Museumslogistik
Für das Auslagern der Exponate waren ursprünglich vier Arbeitstage Mitte Juni angesetzt. Tatsächlich reichten drei. „Das hat nicht zuletzt an der fast dreimonatigen Planung und am engen Miteinander aller Beteiligten – Museumsbesitzer, Behörden und DB Schenker – gelegen“, bilanziert Löwe. Und an der Routine! DB Schenker beschäftigt im Umfeld der Museumslogistik fast ausschließlich eigenes Personal. In eingespielten Teams entwickeln sich genau die Abläufe und abgestimmten Handgriffe, die man für die sichere und stressfreie Auflösung eines Museums – und auch sonst im Spezialverkehr – benötigt.
About the Author
Der freie Journalist Andreas Pietsch ist auf Logistik-Themen spezialisiert. Er schreibt seit 1992 für DB Schenker beziehungsweise für die Vorgängergesellschaften. Am meisten angetan haben es ihm die Themen aus Landverkehr, Seefracht und Kontraktlogistik. Aber auch bei der Luftfracht weiß er, wie man einen Sachverhalt treffend auf den Punkt bringt.