Langsames Reisen war gestern. Heute wollen Menschen oft schnellstmöglich von A nach B kommen und auch für Güter, die schnell ihr Ziel erreichen müssen, ist zeitliche Effizienz wichtig. Das gilt besonders vor dem Hintergrund des weltweit steigenden Handels.
In China standen die Infrastrukturplaner vor eben dieser Herausforderung: Eine neue Autobahn sollte den Osten Chinas mit dem Südwesten verbinden. Das hat vor allem ökonomische Gründe: die südwestliche Provinz Guizhou ist eine der ärmsten Chinas, vor Ort gibt es aber große Rohstoffvorkommen, etwa von Quecksilber, Bauxit und Phosphor. Die neue Autobahn G56 soll über knapp 3.000 Kilometer von der Metropole Hangzhou, die südwestlich von Shanghai liegt, bis an die Grenze von Myanmar und Tibet führen. Der Südwesten Chinas mit den Provinzen Guizhou und Yunnan ist jedoch sehr bergig. Die neue Autobahn G56 würde unter anderem über das Tal des Beipang-Flusses führen. An der geplanten Stelle schnitt das Tal allerdings mehr als 500 Meter tief in die Landschaft ein. Um diese Höhenmeter zu umgehen, wurde 2010 der Plan gefasst eine Brücke zu errichten – und zwar auf 565 Metern Höhe.
Wie baut man eine Brücke auf 500 Metern Höhe?
Die Bauarbeiten an der Beipangjiang-Brücke begannen im Jahr 2013 – im Dezember 2016 wurde die Brücke eingeweiht und ist seitdem für den Verkehr freigegeben. Die Brücke überspannt das Tal des Beipang-Flusses und ist 1341 Meter lang.
Aufgrund der bergigen Geografie wurde sie als Schrägseilbrücke konstruiert. Für den Bau wurden zwei Stahlbeton-Pylonen auf jeder Seite des Tals im Berg verankert. An den Pylonen sind jeweils nach links und rechts gehend Stahlseile gespannt, an denen der Fahrbahnträger aufgehängt ist. Selbstverständlich müssen die Pylonen fest im Untergrund verankert sein, damit die gesamte Konstruktion tragfähig ist. Hier trafen die Konstrukteure auf ihre größte Herausforderung: In den Bergen dieser Region befinden sich viele Höhlen. Nach einem Scan des Untergrunds wurde unter dem geplanten Ort für das Fundament einer Pylone eine Höhle von 100 Metern Länge gefunden. Durch diese Höhle wurde durchgebohrt, kleine Höhlen wurden mit Beton aufgefüllt.
Eine weitere Herausforderung waren die großen Stahlträger unter der Fahrbahn. Für die Brücke wurden rund 44.000 Tonnen Stahl verwendet. Auch diese Teile mussten auf 565 Meter Höhe befördert und dort eingebaut werden. Üblicherweise würden alle Balken einzeln in die Brückenkonstruktion eingefügt werden. Um Zeit und Geld zu sparen, überlegten sich die chinesischen Ingenieure jedoch etwas Neues: Schon am Boden wurden ganze Brückenabschnitte zusammengebaut und dann passgenau mit der Brücke verbunden. Schließlich wurden die Stahlseile mit dem Brückenträger verbunden. Legt man alle Stahlseile aneinander, reichen diese für die Strecke von Peking bis nach New York!
Eine Fahrt durch Wolken
Dank der Brücke verkürzt sich die Fahrtzeit zwischen den beiden Provinzen Guizhou und Yunnan von fünf auf nur eine Stunde. Das fördert nicht nur den Austausch und stärkt den Handel zwischen den beiden Provinzen. Durch die Anbindung über die neue Autobahn überträgt sich dieser Effekt auch auf weitere Regionen, etwa durch die Verbindung mit den Metropolen Yueyang und Jingdezhen, sowie mit der Megastadt Hangzhou und dem wirtschaftsstarken Osten des Landes. Der Zugang in die bergige Region ermöglicht nicht nur den Abbau von Rohstoffen, er soll der Region auch die Teilhabe am wirtschaftlichen Fortschritt Chinas erleichtern.
Die Beipangjiang-Brücke gilt mit ihren 565 Metern nun offiziell als höchste Brücke der Welt. Eine Fahrt darüber ist keine Vergnügungsfahrt. In der bergigen Region können tief hängende Wolken die Sicht auf die Fahrbahn versperren. Eine Brücke in solch luftiger Höhe ist außerdem starken Winden ausgesetzt. Auto- und Lkw-Fahrer brauchen daher ein waches Auge bei der Fahrt über die höchste Brücke der Welt – die jedes Mal aufs Neue ein wahres Erlebnis darstellt.
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Julia Weise berichtet über komplizierte technische Themen, ohne dass man dafür ein Fremdwörterbuch braucht. Sie schreibt über Trends und Herausforderungen unter anderem in der Kontraktlogistik und dem Warehouse Management sowie über smarte Softwarelösungen. Die studierte Friedens- und Konfliktforscherin betreut in der Frankfurter PR-Agentur Adel & Link B2B-Kunden und Unternehmen aus der Tech-Branche.