Der gut 80 Kilometer lange Panamakanal verbindet Atlantik und Pazifik. © stock.adobe.com/ Gian

Auf kurzem oder auf langem Wege vom Pazifik zum Atlantik? – Seit mehr als einem Jahrhundert hat man die Wahl: Panama per Kanal durchqueren oder Südamerika auf dem Meer umschiffen. Welchen Unterschied das macht, zeigt der Seeweg von New York im Osten der USA nach San Francisco im Westen. Ohne Panamakanal sind es 25.000 Kilometer um das Kap Hoorn – vorbei an Venezuela, Brasilien, Argentinien, Chile und Peru, um nur die größten Länder zu nennen. Wenn man aber in Colón an der Atlantikküste – genauer: Karibikküste – in den Kanal einbiegt und nach 81,6 Kilometern in Panama City auf das andere Meer hinausfährt, sind es nur noch 10.000 Kilometer. Ohne Südamerika zu umkurven, sparen sich Schiff und Crew mehr als zwei Wochen Reisezeit. Für eine Kanaldurchfahrt benötigt man gerade mal acht bis zehn Stunden, Wartezeiten bei der Einfahrt zählen extra.

Modernes Weltwunder

Mit ein paar Spatenstichen gab es diese Abkürzung nicht zu kaufen. Sie war teurer! Dabei waren die 30 Millionen Tonnen Dynamit längst nicht der größte Posten im Budget für den Bau des Panamakanals. Den höchsten Preis für das moderne Weltwunder zahlten damals die Arbeiter. Als die ersten Schiffe 1914 den Kanal durchfuhren, lag hinter den Erbauern eine historische und heroische Großtat. Wohl 50.000 bis 75.000 Menschen hatten ihre Kräfte eingesetzt und nicht wenige auch ihr Leben. Die größten Gefahren lauerten in dem von Gelbfieber verseuchten Dschungel und in dem gefürchteten Felsmassiv Culebra Cut, wo es zu unzähligen Bergstürzen gekommen war.

Hauptverkehrsader für USA und China

Dass der Meeresspiegel im Pazifik 20 Zentimeter tiefer liegt als im Atlantik, hängt mit dem unterschiedlichen Salzgehalt der Ozeane zusammen. Den Ingenieuren hat dieser Absatz von der Breite eines DIN-A4-Blattes keine schlaflosen Nächte bereitet. Sie mussten ganz andere Höhenunterschiede ausgleichen. Besonders spektakulär: die Gatun-Schleusen auf der Atlantikseite. Dabei handelt es sich um drei direkt hintereinander liegende Schleusen, die die Schiffe in etwa gleichgroßen Schritten um 26 Meter anheben beziehungsweise absenken.

Der Panamakanal verläuft zwischen den Städten Colón an der Atlantikküste und Balboa, einem Vorort von Panama-Stadt an der Pazifikküste © stock.adobe.com/ Peter Hermes Furian

Bis 2016 war der Panamakanal nur für mittelgroße Schiffe mit bis zu 4.600 Standardcontainern (TEU) passierbar. Nach seiner Erweiterung befahren ihn heute auch Einheiten mit Platz für 14.000 TEU. Die maximal zulässige Schiffslänge liegt jetzt bei 366 Metern. Für die USA und China bildet der Panamakanal eine Hauptschlagader ihrer Wirtschaft. Die Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik wird jährlich von rund 12.000 Schiffen passiert.

Eigentümerwechsel: von den USA an Panama

Auch wenn der Name etwas anderes suggeriert: Die längste Zeit gehörte der Panamakanal den Vereinigten Staaten von Amerika. Sie waren es, die seinen Bau fortführten und vollendeten, nachdem Frankreich 1889 kapituliert hatte. Exakt 110 Jahre später, am 31. Dezember 1999, ging der Kanal in den Besitz der Republik Panama. Sie trägt seitdem die Verantwortung für Verwaltung, Betriebsablauf und Wartung.

Der Staat verdient ordentlich an seiner Wasserstraße: Im Geschäftsjahr 2019 hat die Panamakanal-Behörde einen Umsatz von 3,36 Milliarden US-Dollar erzielt (2,7 Mrd. Euro). Jedes Schiff bezahlt eine Gebühr, die sich nach Größe und Ladung richtet. 2016 ging eine Meldung durch die Medien, dass eine japanische Reederei 830.000 US-Dollar für eine einzige Passage gezahlt habe. Das mag stimmen, liegt allerdings weit über dem Normaltarif, 150.000 Dollar sind ein gängiger Preis.

Verhältnismäßig günstig ist der US-amerikanische Abenteurer Richard Halliburton 1928 an sein Ticket gekommen. Er war der erste Mensch, der den Kanal schwimmend gemeistert hat – in acht Etappen. Dass er überhaupt starten durfte, verdankte er einer kleinen Trickserei. Die Behörden hatten darauf gepocht, dass nur Wasserfahrzeugen die Nutzung des Kanals gestattet war. Aber man fand eine elegante Lösung: Der Schwimmer wurde kurzerhand als Schiff eingestuft. Gemäß seiner „Tonnage“ von 70 Kilogramm erhielt er einen Gebührenbescheid über 0,36 Dollar.

About the Author

Andreas Pietsch Der freie Journalist Andreas Pietsch ist auf Logistik-Themen spezialisiert. Er schreibt seit 1992 für DB Schenker beziehungsweise für die Vorgängergesellschaften. Am meisten angetan haben es ihm die Themen aus Landverkehr, Seefracht und Kontraktlogistik. Aber auch bei der Luftfracht weiß er, wie man einen Sachverhalt treffend auf den Punkt bringt.