Fliegen wir demnächst zur Tankstelle, um dort unseren Wocheneinkauf zu erledigen? Ein Blick in die Aral-Studie „Tankstelle der Zukunft“ verheißt Antworten. Es scheint keinesfalls abwegig, was die Forscher vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gemeinsam mit Deutschlands führendem Anbieter auf dem Tankstellenmarkt prognostizieren.
Nutzfahrzeuge verdoppeln die zurückgelegte Strecke
Die Untersuchung befasst sich mit der Frage, wie in 20 Jahren die Tankstellen in Metropolen, im ländlich oder städtisch geprägten Umfeld oder an der Autobahn aussehen können. Trotz sinkender Bevölkerungszahl nimmt das Verkehrsaufkommen zu – egal ob auf dem Land oder in der Stadt. Für den Güterverkehr prognostizieren die Autoren besonders hohe Zuwachsraten. Ihre These: „Nutzfahrzeuge legen bis 2040 im Vergleich zu 2010 flächendeckend die doppelte Strecke zurück.“ Aus 99 Milliarden Kilometern vor einem Jahrzehnt werden 200 Milliarden bis 2040.
Generell geht Prof. Dr. Barbara Lenz, Leiterin des Instituts für Verkehrsforschung im DLR, davon aus, dass „neue Mobilitätsangebote und der wachsende Online-Handel zur zunehmenden Fahrleistung beitragen“. Zu den bestimmenden Faktoren gehören autonomes und elektrisches Fahren, individuelle Mobilität und natürlich das Konsumverhalten der Menschen. Spätestens hier kommt die Logistik ins Spiel. Werfen wir also einen Blick auf den Teil der Prognosen, der sich vorranging um Warenverkehr und Logistik dreht.
Mehr als bereits heute bietet die Tankstelle in 20 Jahren den Konsumenten flexible und bedarfsgerechte Einkaufsmöglichkeiten. Zudem bildet sie die Basis für das, was man in der Logistikwelt „Home-Delivery“ nennt: Während das eine autonome Fahrzeug den Passagier Richtung Büro steuert, liefert der andere Selbstfahrer die gut verpackte Ware zu Hause bei der Familie ab.
Flexibler Wechsel zwischen autonomem und fahrergeführtem Lkw
Eine effiziente Nutzung der menschlichen und technischen Ressourcen bleibt im wachsenden Güterverkehr das A und O. Autonome Lkw pendeln auf den Überlandstraßen und nutzen die Infrastruktur der Tankstelle. Neuralgischer Punkt bleibt die letzte Meile. Die Vorstellung der Aral-Studie: An autobahnnahen Tankstellen erfolgt der Wechsel vom autonomen auf den fahrergeführten Transport. Menschen übernehmen das Steuer und lenken den Lkw durch den Stadtverkehr.
Hinzu kommt ein kombinierter Personen-Güterverkehr: Handwerker oder Pflegedienste nehmen von Paketstationen an der Tankstelle Lieferungen für ihre Kunden oder Patienten mit und entlasten damit Paketdienstleister von Fahrten in entlegene Gebiete.
Mit dem Flugtaxi in die City
Was Neues gibt es auch für die letzte Meile im Individualverkehr: den fließenden Wechsel vom Fern- zum Nahverkehr. An Stadtgrenzen bietet die Tankstelle die Möglichkeit zum Umstieg vom privaten auf kollektive Verkehrsmittel. Mit autonomen Pooling-Fahrzeugen oder einem komfortablen Premium-ÖPNV auf einer Extra-Spur überbrücken Pendler die restlichen Kilometer ohne Stop-and-Go. Oder mit dem Lufttaxi – Landeplätze werden jedenfalls eingeplant.
Zukunftsmusik mit realistischem Sound
Noch ist vieles nur Zukunftsmusik. Aber ihr Klang kommt uns an der Schwelle zum dritten Jahrzehnt vertraut vor. „Ich bin überzeugt, dass viele der vorgestellten Services im Jahr 2040 Realität sein werden“, sagte Patrick Wendeler, Vorstandsvorsitzender der Aral AG, bei der Präsentation der Studie. Und so viel ist klar: Der wachsende Verkehr, innovative Mobilitätstrends und daraus entstehende zusätzliche Kundenbedürfnisse eröffnen nicht nur der Logistikbranche neue Chancen, sondern auch dem Tankstellengeschäft.
About the Author
Der freie Journalist Andreas Pietsch ist auf Logistik-Themen spezialisiert. Er schreibt seit 1992 für DB Schenker beziehungsweise für die Vorgängergesellschaften. Am meisten angetan haben es ihm die Themen aus Landverkehr, Seefracht und Kontraktlogistik. Aber auch bei der Luftfracht weiß er, wie man einen Sachverhalt treffend auf den Punkt bringt.