Die Anuga in Köln ist für die Messelogistiker von DB Schenker eine der aufregendsten Veranstaltungen. Gerade die Vielfalt der Aussteller und ihrer Sendungen stellen die Disponenten und Planer vor große Herausforderungen. Teil 2 einer Reportage über die harten Tage des Messeaufbaus.
Es ist später Morgen in den Büros des Messelogistiker von DB Schenker am Eingang zur Messe. Am Desk drängeln sich die Fahrer: Allein am ersten Tag der Messe-Vorbereitung meldeten sich 300 von ihnen bei DB Schenker und suchten ihren Anlieferpunkt. Die 25 festen Mitarbeiter des Messelogistikers sprechen oft mehrere Sprachen. Das hilft, um den Lastwagenfahrer den Messeplatz zu erklären. Mehrsprachliche Lagepläne und Anweisungen liegen außerdem griffbereit, denn nichts ist schlimmer als ein orientierungsloser 40-Tonner im Gewusel rund um die Hallen.
Die Logistiker am Desk weisen den Fahrern die Tore und Plätze zu, an denen ihre Lkw entladen werden können. Sie stimmen die Frachtpapiere mit den angekündigten Aufträgen ab und drucken Etiketten aus, die den Verbleib der Fracht regeln. Rote Etiketten signalisieren Tiefkühlgut, gelbe Fracht ist für den Kühlbereich. Alles andere geht ins Trockengutlager – so heißen die vielen verschiedenen Kellerräume, die strategisch günstig quer über den Messeplatz verteilt sind. Mit insgesamt 9000 Quadratmeter Fläche sind sie die idealen Zwischenlager für weniger temperatursensible Fracht.
50 Kühlcontainer für DB Schenker
50 spezielle Kühlcontainer hat DB Schenker zur diesjährigen Messe bei verschiedenen Herstellern angemietet, die zentral gelegen empfindliche Fracht aufnehmen. Dafür ist „Goldie“ verantwortlich, Christoph Goldner. Der DB Schenker-Mitarbeiter steuert das vielstimmige Gewusel rund um den Kühlbereich, und sorgt dafür, dass sich jeder Lieferant hinten anstellen muss.
Aufgeteilt zwischen Tiefkühl-Box mit -18° Grad Celsius und klassischen vier Grad-Containern verursacht die Kühlfracht einen enormen logistischen Aufwand: Dank der Isolierung ist sie kleiner und nimmt nur zehn Paletten auf – zwei weniger als der klassische 20-TEU-Standardcontainer. Hinzu kommt, dass viele Spediteure und Verlader ihre Ware aufwändig verpacken, um sie rechtzeitig und vorsortiert am Stand verfügbar zu haben. Für DB Schenker ist das ein enormer Mehraufwand vor Ort. Und schließlich müssen die Waren zu bestimmten, vorher vereinbarten Zeiten wieder aus dem Container geholt und zum Stand gebracht werden.
„Weil viele Kunden den selben Liefertermin wünschen – um acht Uhr bei Messebeginn auf dem Stand –, mussten wir uns etwas einfallen lassen“, erzählt Logistiker Kayisi. Nun transportiert DB Schenker Trockengut schon am Tag vor der Eröffnung zu zentral gelegenen Standorten in den Hallen und kann am anderen Morgen pünktlich direkt an die Stände liefern. Über Nacht sorgen Security-Mitarbeiter dafür, dass aus zwei Displays nicht eines geworden ist.
Am Vormittag wird geliefert, am Nachmittag gebaut
10:30 Uhr – es wird langsam ruhiger am Desk der Messelogistiker. Die Lkw werden einer nach dem anderen an den Toren entladen. Mit Gabelstaplern bringen die Logistiker die Fracht in die Läger. Dort prüfen DB Schenker-Mitarbeiter die Ware auf äußere Schäden. Auch ob Kühlgut im Kühl-Laster angeliefert wurde oder nicht, fällt den Mitarbeitern auf – und wird entsprechend dokumentiert.
Dafür stehen nicht nur Stapler verschiedenster Gattung zur Verfügung, sondern auch viele andere Geräte wie Arbeitsbühnen oder Hubwagen, die Kunden buchen könnten. Den entsprechenden Auftrag leiten Kayisis Kollegen an die Technik weiter – so heißen die Disponenten für Material und Personal auf der Messe. Insgesamt 130 Staplerfahrer beschäftigt DB Schenker allein am letzten Tag vor der Messeeröffnung. Hinzu kommen 70 weitere Mitarbeiter, die sich um die verschiedensten Belange der Kunden kümmern. „Die Anuga ist für uns sehr wichtig – hier setzen wir alles verfügbare Material ein, um leistungsfähig zu bleiben“, sagt Ibrahim Celik, Leiter der Disposition am Messestandort. Sein mehrköpfiges Team sorgt dafür, dass die benötigten Mitarbeiter mit dem richtigen Material zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind.
Dafür greift DB Schenker auch auf das Netzwerk anderer Geschäftsstellen zurück, die Mitarbeiter nach Köln schicken. „Wir sind ein bisschen wie eine große Familie“, sagt Kayisi. Für die Unterkunft der Mitarbeiter werde genauso gesorgt wie für den Transport zum Arbeitsort.
Das Netzwerk hilft
Robert Schildger ist so einer. Normalerweise ist er in der DB Schenker-Geschäftsstelle in Frankfurt am Main für die Verzollung zuständig. Zur Anuga aber ist er auf Anfrage der Geschäftsleitung nach Köln geeilt und führt nun Lebensmittelkontrolleure vom Flughafen Köln-Bonn durch das Trockengutlager. Sie sind auf der Suche nach pflanzlichen Proben, die sie auf Pestizide und andere Mittel untersuchen, die in der EU nicht zugelassen sind.
Vor einem Virus allerdings können auch die besten Untersuchungen nicht schützen: Dem Messevirus – wie die Mitarbeiter bei DB Schenker sagen. Das fiktive Virus hat fast alle Mitarbeiter in der Geschäftsstelle in Köln befallen. Bei Kayisi war das schon vor Jahren der Fall: 1995 hat er bei DB Schenker angefangen, und schon während der Ausbildung zum Speditionskaufmann wusste er, dass er in die Messelogistik will: „Da ist immer was los, es ist immer interessant“, sagt er. Der Nachteil: Harte Tage zu Spitzenzeiten wie vor der Anuga. Da sieht er seine Frau und die beiden Töchter kaum bei Tageslicht.
Ansteckende Begeisterung
Dass das Messevirus vererbbar ist, zeigen auch die viele Familiengeschichten bei DB Schenker. In der Geschäftsstelle am Messeplatz Köln arbeiten Neffe und Onkel, Vater und Söhne einträchtig miteinander. DB Schenker belohnt das mit Anwerbeprämien, weil gute Leute und Fachkräfte rar sind.
Mittag, endlich. Jetzt leeren sich die Anlieferstraßen rund um die Messehallen. Drinnen wird geschraubt und aufgebaut. Zeit für DB Schenker, Leergut abzutransportieren. Wieder sausen die Stapler durch die Gassen und fahren leere Paletten und anderes Material ab. Im Gegensatz zu anderen Messen aber ist die Anuga in dieser Hinsicht sehr unkompliziert: Die meisten Ausstellungsstücke werden einfach verzehrt, und die Entsorgung der Verpackungen übernimmt ein örtlicher Dienstleister. Noch steht der anstrengendste Tag aber bevor: Die Eröffnung der Messe. Auch da wird Kayisi seine Frau und die Töchter nicht zu sehen bekommen.
Selbst nach der Anuga, in etwas mehr als einer Woche, muss es wieder schnell gehen: Drei Tage hat DB Schenker Zeit, die Hallen zu räumen. Die Mitarbeiter der Messebauunternehmen stehen schon für die nächste Leistungsschau am Desk.
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Axel Novak ist freier Journalist in Berlin. Seit mehr als einem Jahrzehnt beschäftigt er sich mit der Logistik-Branche und den Veränderungen, denen sie unterworfen ist. Axel Novak schreibt für Zeitungen, für Zeitschriften und für Unternehmen. Seine Schwerpunkte sind allgemeine Wirtschaftsthemen mit dem Fokus auf Mobilität, IT, Energie und Finanzen.