Im Jahr 2008 haben schwedische Unternehmensberater herausgefunden, dass der optimale Logistikstandort für den Weihnachtsmann in Kirgisistan liegt. Die Gründe dafür haben sie seinerzeit ein paar Fachredakteuren bei einer improvisierten Pressekonferenz am Glühweinstand erläutert. Da war es kalt. So kalt, dass niemand mit steifen Fingern lesbare Notizen machen konnte. Und das einzige funktionierende Aufzeichnungsgerät war versehentlich mit einem schmatzenden „Glög“ in einer Tasse abgesoffen, deren Inhalt so ähnlich heißt wie besagtes Geräusch.
Seitdem haben wir nichts Neues vom Logistikzentrum in der Mitte Eurasiens erfahren. Außer vielleicht, dass dort kürzlich ein innovatives Lagerorganisationssystem den Echtbetrieb aufgenommen hat. Es heißt SantaPlus (SaP).
Trotzdem müssen wir noch einmal auf die alte Geschichte zurückkommen. Rein rechnerisch, das bekamen die Consultants damals raus, legt der Weihnachtsmann in der heißen Phase der Geschenkeauslieferung pro Sekunde 5.800 Kilometer zurück. Wenn er sein Lager in Kirgisistan behält. Sollte er es lieber, sagen wir mal, nach Castrop-Rauxel verlegen, wäre alles doppelt so weit. Dann kämen die Geschenke erst zu Silvester an, was einen Riesen-Kuddelmuddel ergeben würde, weil wir ja noch die Raketen anzünden müssen. Doch lassen wir das und kommen zur Sache.
Womit der Weihnachtsmann zu kämpfen hat
Wie allen Logistikern macht dem Weihnachtsmann die letzte Schlittenmeile zunehmend zu schaffen. Eine für ihn akzeptable Lösung zeichnet sich weder am Firmament und schon gar nicht unter Tage ab. Tunnel-Zustellsysteme zur Beschleunigung der urbanen Geschenke-Logistik findet der Überirdische unterirdisch. „Ich praktiziere seit jeher die Paketzustellung durch den Schornstein. Was unsereins in der Vertikalen schafft, das wollen die modernen City-Logistiker nun in die Horizontale drehen“, wettert er. „Aber das bringt nichts.“ Am Ende muss ja doch alles ins Wohnzimmer. Und das erreicht man besser über den Kamin als durch den Keller. Und überhaupt: Wer soll den Schnee für seinen Schlitten in den Tunnel schaufeln?
Immer weniger Geschenke-Chevaliers
Was den Weihnachtsmann außerdem bedrängt, ist der latente Schlittenfahrermangel. Bekanntlich beschäftigt er im Fernverkehr Subunternehmer, damit er sich selbst auf die festliche Zustellung mit Hoho und so konzentrieren kann. Aber der einstmals begehrte Beruf des Geschenke-Chevaliers kämpft seit Jahren mit einem hausgemachten Imageproblem. Die Abgase von biologisch gefütterten Rentieren gelten als geruchsschädigend und der serienmäßige Einbau von Partikelfiltern lässt auf sich warten. Da setzt sich niemand gerne auf den Bock. Und hinter das Hirschvieh schon gar nicht.
Ob vielleicht unbemannte Propellermaschinen weiterhelfen? Der Mann in Rot winkt ab. Mit Drohnen experimentiert er nicht. Da sieht er das Christkind aufgrund seiner Flugaffinität im Vorteil: „Aus der Luftfracht halten wir uns raus.“
Logistik 24.0
Und doch gibt es eine Lösung: Schlitten-Platooning. 20 voll mit Geschenken beladene Schlitten in Reih und Glied. Alle sind über digitale Deichseln verbunden. Ganz vorne schwingt ein einziger routinierter Kufenkutscher die Peitsche. Hüah! So sieht die Zukunft aus! Auch Autonome Schlitten („Autosch“) huschen bald durch die stille Nacht. Das Verkehrsmittel findet sich selbst zurecht, während der Weihnachtsmann auf dem Rücksitz die nächste Zustellung vorbereitet. Nur gut, dass er sich dabei nicht mit Papierkram herumschlagen muss. Schon Jahrhunderte vor der Digitalisierung gab es beim Weihnachtsmann etwas, womit mache Logistiker noch heute zu kämpfen haben: die beleglose Zustellung. Oder musste jemals ein Kind den Empfang seines Teddys quittieren? – Frohes Fest!
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Der freie Journalist Andreas Pietsch ist auf Logistik-Themen spezialisiert. Er schreibt seit 1992 für DB Schenker beziehungsweise für die Vorgängergesellschaften. Am meisten angetan haben es ihm die Themen aus Landverkehr, Seefracht und Kontraktlogistik. Aber auch bei der Luftfracht weiß er, wie man einen Sachverhalt treffend auf den Punkt bringt.