Ausgeklügelte Planung ist ein wesentlicher Bestandteil erfolgreicher Logistik – insbesondere bei Mega-Events. Kaum ein Ereignis bedarf diesbezüglich größerer Anstrengungen als Olympische Spiele. Geplant wird für 10.500 Athleten, für bis zu 11 Millionen Zuschauer bei über 300 Medaillenentscheidungen in mehr als dreißig Sportstätten. All das im Einklang mit möglichst minimalen Eingriffen in die Natur, nachhaltiger Stadtentwicklung und dem Anspruch an ein ökologisches und soziales Erbe sowie wirtschaftlichen Erfolg.

Die Frankfurter Planungsbüros PROPROJEKT und AS+P haben für mehr als zehn Olympiabewerbungen Konzepte entwickelt und Machbarkeitsstudien zur möglichen Durchführung der Spiele erstellt. PROPROJEKT Geschäftsführer Stefan Klos erklärt im Interview, worauf es bei der Olympiaplanung ankommt.

Womit beginnt die Olympiaplanung? Wie fängt man an, wenn eine Stadt an einen herantritt?

Zuerst schaut man sich die Stadt und das Umland an und evaluiert, was die Region an Sportstätten und Infrastruktur bereits besitzt, was die Region in ihrer Entwicklung braucht und wie man die Vergabevorgaben des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) abdecken kann. Dann eruiert man, was noch fehlt.

Das heißt konkret was für Olympia gebaut werden müsste?

Auch, aber nicht zwangsläufig. Man sucht verstärkt in der weiteren Nachbarschaft und sogar in benachbarten Ländern, wo man hingehen könnte, um die Anforderungen zu erfüllen ohne neu zu bauen.
Hier hat ein entscheidender Paradigmenwechsel hin zur Nachhaltigkeit stattgefunden. Früher hat man die Vergabeanforderungen des IOC betrachtet und dann die Bewerbung daran ausgerichtet. Heute entwickelt man Konzepte die Olympia an die Stadt und die Region anpassen. So geht der Trend zu vorhandenen Sportstätten, auch wenn diese kleiner sind und die Vorgaben des IOC unterlaufen. In der Olympiaplanung gilt heute: „Sustainable is the new compact”.

Welche Auswirkungen hat dieses Umdenken auf die Logistik?

Die größte logistische Herausforderung bei Olympischen Spielen ist der Transport von zehntausenden Akkreditierten auf der Straße und Millionen von Fans zumeist im öffentlichen Nahverkehr. Früher hat man gefragt, in welcher Weise eine Stadt ihre Verkehrswege ausbauen muss um den Transport- und Reisebewegungen gerecht zu werden. Heute fragt man zuerst den Logistiker und Verkehrsplaner, wie viele Leute man in der vorhandenen Infrastruktur transportiert bekommt. Daran orientiert sich dann die Kapazität der Sportstätten.

Das heißt, dem Vorwurf des Gigantismus und der Kostenexplosion bei Olympischen Spielen wird bereits in der Konzepterstellung entgegengewirkt?

Es gibt eine neue Sparsamkeit auf beiden Seiten – beim IOC und auch bei den zukünftigen Gastgebern. Durch die IOC Reform „Agenda 2020“ gibt es eine neue Flexibilität in der Konzeption der Spiele und weniger harte Anforderungen an potentielle Gastgeber, so dass wirtschaftlich maßvolle und nachhaltige Spiele möglich werden.

Aufgrund des großen öffentlichen Drucks und der medialen Aufmerksamkeit, die mit Olympia einhergeht, werden Veranstalter auch die eigenen Budgets reduzieren. Welches Level an Leistungen man bieten will, liegt ja beim Veranstalter. Ein gutes Beispiel sind die Eröffnungsfeiern. Auch die Budgets für die Bewerbungen sind jetzt schon niedriger als früher.

Dennoch haben vergangene Olympische Spiele gezeigt, dass die Kosten letztlich viel höher sind als in der Bewerbung angegeben. Woran liegt diese Kostendiskrepanz?

Dafür gibt es vor allem zwei Gründe. Den ersten hat Olympia mit Großprojekten gemein: Der lange Planungshorizont von circa 10 Jahren und die Unschärfe der genauen Anforderungen am Beginn der Planung.
Der lange Zeithorizont sowie das Einbeziehen vieler Stakeholder und Anspruchsgruppen führen oft zu Änderungen und damit Verzögerungen.  Anders als Bauprojekte können Olympische Spiele nicht ein Jahr später eröffnet werden. Maßnahmen am Ende zu beschleunigen kostet häufig sehr viel Geld.

Zweitens kommt bei Olympischen Spielen hinzu, dass eine Kostenabgrenzung schwierig wird, wenn die Spiele als politisches Vehikel verwendet werden und die Finanzierung von Maßnahmen, die für die Austragung des Events gar nicht notwendig sind ins Olympiabudget geschoben werden.

Olympiaplanung heute berücksichtigt also die öffentliche Meinung und Bürgerentscheide schon in der Konzepterstellung?

Ein Referendum beeinflusst die Olympiaplanungen in elementarer Weise. Aufgrund des angesprochenen Paradigmenwechsels fragt man von Anfang an, was die Region und die Bürger davon haben und erwarten. Die Öffentlichkeit wird zum Stakeholder, den man von der ersten Minute an einbeziehen muss. Die Planung etwa für Hamburg 2024 mussten schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt sehr detailliert sein, weil die Stakeholder inklusive Öffentlichkeit viel genauer und früher informiert werden mussten – auch um eine solide Abstimmungsgrundlage zu haben. Andererseits erhöht eine partizipativ ausgelegte Planung die Komplexität und Dauer und damit natürlich auch die Kosten.

About the Author

Andreas Pietsch Der freie Journalist Andreas Pietsch ist auf Logistik-Themen spezialisiert. Er schreibt seit 1992 für DB Schenker beziehungsweise für die Vorgängergesellschaften. Am meisten angetan haben es ihm die Themen aus Landverkehr, Seefracht und Kontraktlogistik. Aber auch bei der Luftfracht weiß er, wie man einen Sachverhalt treffend auf den Punkt bringt.