So stemmt DB Schenker die Transformation im Personalmanagement

Dr. Rebecca Koch ist Chief People Officer von DB Schenker Europe. Sie wurde im Juli 2023 von der Zeitschrift „Personalmagazin“ mit dem Top 40 HR-Köpfe Award ausgezeichnet. Vor einigen Jahren hat sie den HR Next Generation Award der Publikation erhalten. Bei DB Schenker ist sie mit dem People & Organization-Team (P&O) für 50.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verantwortlich.
Sie beschäftigen sich seit langem mit den Themen Transformation und New Leadership. Was bedeutet die Auszeichnung des Magazins für Ihre Arbeit?
Das war etwas ganz Besonderes für mich. Wir haben im vergangenen Jahr mit einer tiefgreifenden Transformation des Personalbereichs bei DB Schenker begonnen – und da ist die Auszeichnung eine tolle Anerkennung für das gesamte Team. Aber es ist auch Anerkennung dafür, dass der Bereich People & Organization (P&O) ein Gestalter der Transformation geworden ist.
In der Laudatio zur Auszeichnung heißt es, Sie treiben Transformationen leidenschaftlich und gern voran. Vor welcher Transformation stehen heute die Logistikbranche und vor allem DB Schenker?
Unser Business ist sehr stark kundenorientiert, da ist die Integration in globale Standards genauso wichtig wie die Digitalisierung. Die Logistik hat noch ein enormes Potenzial für agile und effizientere, so genannte leane Prozesse. Deshalb haben wir im Personalbereich begonnen, uns neu aufzustellen. Wir sind da mutig rangegangen und haben die klassischen alten Hierarchien durch neue agile Tribe-Strukturen ersetzt. In vielen anderen Unternehmen und Branchen sehe ich ganz ähnliche Entwicklungen. Deshalb wurde ich bei der Preisverleihung des Magazins Anfang Juli 2023 oft gefragt, wie wir bei DB Schenker vorgegangen sind.
Wie sind Sie dabei vorgegangen?
Unser Ziel ist es, integrierter, effizienter und wertschöpfender zu werden. Das ist eine sehr umfassende Veränderung. Bislang waren wir im Personalbereich dezentral aufgestellt. In den einzelnen Ländern hatten wir sehr gute Einzellösungen, aber die gesamte Personalfunktion war sehr komplex und manuell aufgestellt.
Nun nutzen wir stärker die Vorteile der Digitalisierung. Zum Beispiel gibt es normalerweise im Personalmanagement nur ein globales Human Capital Management System für die Betreuung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Bei DB Schenker Europa mit seinen 42 Länderorganisationen habe ich 67 verschiedene Systeme vorgefunden. Darunter gab es einige, die exzellent waren. Aber alle zusammen machen unsere Prozesse insgesamt langsam, kompliziert, rigide und fehleranfällig. Wir haben nun SAP SuccessFactors als ein zentrales System eingeführt, das sukzessive die lokalen Lösungen ersetzen wird. Gleichzeitig haben wir auch nicht andere HR-Lösungen immer neu erfunden, sondern die besten bestehenden Lösungen als globalen Standard definiert. Also das Rad nicht immer wieder neu erfunden. Im Rahmen dieser Transformation haben wir unseren Namen von „Human Resources“ in „People & Organization“ geändert – dieser Name reflektiert viel besser, wofür wir stehen. Also weg von der Ressource Mensch, hin zu einer Organisation, die den Mitarbeitenden als Menschen im Fokus hat.
Wie kann eine solche Transformation gelingen?
Ein solch fundamentaler Wandel ist nie leicht. Wir sind in fünf Bereichen aktiv geworden. In der Kommunikation haben wir eine klare Vision entwickelt. Dann Vorbilder gefunden, die die Veränderungen leben. Neue oder andere Kompetenzen müssen zum Teil noch erworben werden. Wir haben also viele Trainings angeboten. Außerdem sind klare, nachvollziehbare Meilensteine und eine Vision für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter notwendig. Und schließlich geht es um agile Strukturen und Prozesse.
So eine Veränderung sorgt oft für Unruhe im Unternehmen. Wie haben Sie es geschafft, die Menschen mitzunehmen?
Eine grundlegende Voraussetzung dafür ist eine Vision mit einem klar definierten Ziel. Man muss wissen, wohin man möchte. Und dann gibt es in jedem Unternehmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die von Anfang an dabei sein möchten, weil sie wissen, dass das Ziel das richtige ist. Mit diesen hoch motivierten Menschen haben wir begonnen und sind dann gemeinsam sehr strukturiert vorgegangen, um Ziele, Vorbilder und Tools gemeinsam zu identifizieren.
Hilft Ihnen dabei, dass Sie promovierte Mathematikerin sind?
Analytische Kompetenzen können helfen, reichen aber nicht aus. Es kommt vor allem auf die Begeisterungsfähigkeit, den Teamgeist und die richtige Kommunikation an. Man kann nie zu viel kommunizieren.
Sie haben in der Vergangenheit eine ganze Reihe von Change-Projekte durchgeführt. Welche Erfahrungen daraus nutzen Sie heute für DB Schenker?
Ich begleite seit 15 Jahren Transformationen in Unternehmen. Zwei Erfahrungen sind für mich noch heute wichtig: Hinter umfassenden Transformationsprozessen muss immer der gesamte Vorstand stehen. Und bei kulturellen Veränderungen müssen gerade Führungskräfte reflektieren, wie sich ihr Verhalten ändert. Als Vorbilder müssen sie Transformationen glaubhaft vorleben.
Wie ist das bei DB Schenker?
Es gibt vieles, das sehr gut funktioniert. Das ist die Basis für unser Vorgehen. Aber es gibt auch Bereiche, in denen wir Nachholbedarf haben. Was uns stark gemacht hat, sind unsere Kundenorientierung und unser Zusammenhalt. Weil sich der Markt und auch die Anforderungen der Kunden und die Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verändert haben, müssen wir in Zukunft schneller agieren können. Bei uns bei P&O heißt das ganz konkret: Alle Länder müssen zusammenarbeiten.
Das haben wir beispielsweise anfangs so umgesetzt, dass die Mitglieder in den Ländern unsere Ziele, die Objective Key Results, gemeinsam entwickelt haben. Das hat einen starken Push gegeben, weil alle gespürt haben, dass sie mitgestalten können.
Gibt es andere Länder, von denen Schenker Deutschland profitieren kann – und umgekehrt: Kann DB Schenker in anderen Ländern von Deutschland profitieren?
Weil Deutschland das größte Land bei DB Schenker Europa ist, ist die Erwartung groß, dass dort Lösungen vorliegen, die anderen helfen. Aber wir haben auch festgestellt, dass andere Länder in manchen Bereichen weiter sind, zum Beispiel bei der Digitalisierung oder bei Innovationen. Da haben wir hier Nachholbedarf. Deshalb wäre es schön, wenn wir agiler werden, wenn wir digitale Lösungen mutiger einführen und Dinge ausprobieren und einfach machen.
Wie wirkt sich das denn vor Ort aus? Wie messen Sie den Erfolg der Transformation beispielsweise auf der Ebene der Geschäftsstelle?
Das ist in der Tat nicht einfach, aber mit der neuen Organisationsstruktur und der stetigen Weiterentwicklung der Teams sind wir heute besser aufgestellt, um alle in der Organisation erreichen zu können. Um den Erfolg zu erfassen, nutzen wir Kennzahlen wie zum Beispiel die Time-to-Fill-Ratio: Wie lange dauert es, bis Positionen neu besetzt werden? Da können wir heute sehen, dass wir schneller werden.
Bedeutet das dann, dass die Führungskräfte vor Ort mehr Kompetenzen erhalten?
Auch das. Führung wird in der heutigen Zeit immer wichtiger und ist ein entscheidender Faktor für das Gelingen von Transformationen. „Empower People“ ist einer unserer Kernwerte. Das bedeutet: Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter will gute Arbeit leisten. Und das muss ich als Führungskraft ermöglichen.
Das ist übrigens auch gerade beim aktuellen Fachkräftemangel wichtig: Wenn wir weniger Leute haben, dann tut man gut daran, die Mitarbeiterbindung zu stärken und Arbeit effektiver zu organisieren.
Dabei spielt auch die Wertschätzung eine große Rolle. In der Vergangenheit wurde Wertschätzung häufig als einfacher Benefit wie ein Kicker oder ein Obstkorb missverstanden. Aber Wertschätzung ist viel mehr: ehrliches Lob und echte Anerkennung, direktes und konstruktives Feedback, Unterstützung bei der Weiterentwicklung. So wird echtes Empowerment erst möglich.
Zum Abschluss eine Frage: Die Logistik gilt ja oft als eine Branche, die viel Leidenschaft erfordert. Was gefällt Ihnen an der Logistik?
Logistik ist essenziell, das haben wir spätestens in der Corona-Zeit erkannt. Und die Branche ist sehr bodenständig, das bin ich auch. Wir schaffen einen sichtbaren Wert. Und noch etwas gefällt mir sehr gut: Anfangs war ich viel unterwegs, um das Geschäft kennenzulernen und die Herausforderungen vor Ort zu verstehen. Dabei haben mich die fast familiären Strukturen begeistert. Man merkt das in der persönlichen Interaktion, ich habe mich sofort willkommen gefühlt. Man trifft keine unsympathischen Leute bei DB Schenker.
About the Author

Axel Novak ist freier Journalist in Berlin. Seit mehr als einem Jahrzehnt beschäftigt er sich mit der Logistik-Branche und den Veränderungen, denen sie unterworfen ist. Axel Novak schreibt für Zeitungen, für Zeitschriften und für Unternehmen. Seine Schwerpunkte sind allgemeine Wirtschaftsthemen mit dem Fokus auf Mobilität, IT, Energie und Finanzen.