Mit der Seilbahn in La Paz entschwebt man fast lautlos dem täglichen Stau. Fantastische Aussicht inklusive. ©Adobe Stock sunsinger
Mit der Seilbahn in La Paz entschwebt man fast lautlos dem täglichen Stau. Fantastische Aussicht inklusive. ©Adobe Stock sunsinger

Es müssen nicht immer gleich autonome Flugtaxis sein. Wenn es darum geht Mega-Cities vor dem Verkehrskollaps zu bewahren, können Seilbahnen sehr effizient, sicher, zuverlässig und umweltverträglich Personen in luftiger Höhe befördern. Und auch noch günstig ist so ein Seilbahnnetz, wenn man es mit einem U-Bahnnetz vergleichen will.

Im bolivianischen La Paz wurde Anfang März 2019 mit der Einweihung der zehnten Seilbahnlinie das größte Seilbahnnetz der Welt fertiggestellt. Es umfasst 33 Kilometer Strecke, überbrückt knapp 1.000 Höhenmeter und hat nur sieben Jahre Bauzeit von Linie 1 bis Linie 10 benötigt. „Wow!“, mögen da viele Städteplaner nicht nur in Lateinamerika rufen. Denn die Metropolregion La Paz – El Alto mit 1,8 Mio. Bewohnern befand sich in einer stadtplanerischen Sackgasse: El Alto besaß kein funktionierendes öffentliches Verkehrsnetz. Die engen und verwinkelten Straßen der Innenstadt konnten den zunehmenden Individualverkehr nicht mehr aufnehmen, der Verkehr entwickelte sich zu einem Dauerstau. Der Bau einer U-Bahn war schon rein topographisch ausgeschlossen. Außerdem musste eine viel schnellere Lösung her. 2012 wurde die erste Linie eröffnet, nun wurde mit Linie 10 das Stationsnetz untereinander verbunden.

Ein Netz aus Seilbahnen bietet sich schon wegen der Lage an: Sie verbinden das im Talkessel auf 3.200 Metern liegende La Paz über mehrere Bergkuppen hinweg mit dem mittlerweile unabhängigen Stadtteil El Alto, der auf einem Hochplateau in 4.100 Metern Höhe liegt. Zudem benötigt man zum Bau einer Seilbahn nur sehr wenig Bodenfläche, statt dem Bau eines Wegenetzes benötigt sie nur Stützpfeiler. So können Seilbahnen auch eng bebaute Wohnviertel überqueren, mit nur wenig Bodeninstallationen.

Die insgesamt 26 (Umsteige-) Stationen benötigen aber durchaus Platz: Die größte Zwischenstation „Faro Murillo“ mit einem Stationsgebäude von 10.000 qm wurde nun im März 2019 eröffnet. Hier können die Fahrgäste auch umsteigen auf die ein Jahr zuvor eröffnete Linie 9.

Lautlos und völlig emissionsfrei

Die Luft-Metro ist ein Segen für die im Talkessel liegende und von Abgasen geplagte Altstadt. Täglich bis zu 300.000 Fahrgäste nutzen das Seilbahnnetz, das sie fast lautlos und völlig emissionsfrei kreuz und quer durch die Stadt transportiert und dabei schneller ist als jeder Taxifahrer. Um mit dem Pkw von La Paz nach El Alto zu gelangen, benötigt man mindestens eine Stunde, mit der Seilbahn lediglich 17 Minuten.

Und wer nun denkt, dass urbane Seilbahnen nur ein skurriles Phänomen in einer Anden-Metropole darstellen, der irrt: London leistet sich neben seinem topmodernen U-Bahn-Netz auch eine – nämlich zur Überquerung der Themse, 2012 eröffnet. Brest hat eine, die sogar in den restlichen ÖPNV integriert ist. Toulouse baut gerade eine. Rom und Wien denken über den Bau einer Stadt-Seilbahn nach. Ganz so abwegig scheint das Konzept drahtiger Luftbeförderung also nicht zu sein.

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