Äußerlich macht Olli nicht viel her: Vier kleine Räder tragen ein Chassis mit abgerundeten Kanten, und das ganze Gefährt sieht ein wenig aus wie eine Seilbahngondel, die sich auf die Straße verirrt hat. Aber man sollte sich von der schlichten Hülle nicht täuschen lassen – denn Olli ist gleich in mehrfacher Hinsicht etwas Besonderes. Dass er sich ohne Fahrer durch den Straßenverkehr bewegen kann, ist hier fast schon Nebensache. Auch seine sprachlichen Fähigkeiten für den Dialog mit den Fahrgästen – auf Basis von IBMs Supercomputer „Watson“ – sind nicht das Ungewöhnlichste an dem Minibus für maximal zwölf Passagiere.

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Was Olli richtig besonders macht, sind seine Designer: Das Fahrzeug ist das Produkt einer Online-Community aus mehr als 50.000 Freiwilligen, die gemeinsam im Internet neue Automodelle entwerfen. Wer ein bestimmtes Fahrzeug braucht, kann der Entwickler-Gemeinschaft eine Aufgabe stellen. Dort werden die verschiedenen Lösungsmöglichkeiten vorgeschlagen und diskutiert, bis am Ende die überzeugendste Variante das Rennen macht.
Dieses Konzept könnte die gesamte Automobilindustrie verändern – und natürlich auch die Logistik, die die globalen Lieferketten steuert. Statt der Entwicklungsabteilungen bei den Autoherstellern könnten sich kreative Köpfe bei bestimmten Projekten virtuell zusammenfinden, um weltweit und gemeinsam nach dem sinnvollsten Ansatz zu suchen.

Elf Stunden für den Bau eines Autos

Hinter diesem Konzept des US-amerikanische Unternehmens Local Motors, das seit 2007 existiert und neben Autos auch Motorräder und Cargo-Drohnen baut – zum großen Teil per 3D-Druck in kleinen Fabriken, die bei Local Motors „Microfactories“ heißen. So will Firmengründer Jay Rogers direkt vor Ort genau diejenigen Fahrzeuge bauen, die die Menschen brauchen. Maßgeschneidert für die lokalen Verhältnisse.

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Zehn Stunden soll es beispielsweise einmal dauern, bis alle Teile von Olli gedruckt, und eine weitere, bis sie zusammengebaut sind. Neben dem Minibus hat Local Motors derzeit die Modelle „Strati“, „LM3D“ und „Rally Fighter“ im Programm.
Olli ist das Ergebnis des Wettbewerbs „Urban Mobility Challenge Berlin 2030“, bei dem es um den Verkehr in Berlin im Jahr 2030 ging. Die Community machte 81 Vorschläge, aus denen der Entwurf „Berlino 3.0“ von Edgar Sarmiento Garcia aus Kolumbien als Sieger hervorging. „Wenn wir die Leistungsfähigkeit der Crowd nutzen, können wir Produkte mit einer Geschwindigkeit entwickeln und verbessern, die viele Hersteller für unmöglich halten“, sagt Rogers. „Wir verbessern Hardware mit der Geschwindigkeit, die man bisher nur von Software kennt.“

[selectivetweet float=“left“]Die Kraft der #Crowd: Olli von Local Motors fordert die #Automobilindustrie weltweit heraus[/selectivetweet]

Das Prinzip der gemeinschaftlichen Entwicklung kennt man bisher tatsächlich vor allem aus der Softwareentwicklung – Produkte wie das Betriebssystem Linux, das Office-Paket OpenOffice und der Internet-Browser Firefox sind ebenfalls aus dem Open Source-Ansatz hervorgegangen. Neu ist hingegen, dass künftig auch Autos auf diese Weise entwickelt werden sollen. Ziel ist es, auf diese Weise Zeit und Geld zu sparen und die Kreativität weltweit verteilter Spezialisten besser und effizienter zu bündeln, als es jeder der heute großen Autobauer kann.

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