Das größte Containerschiff der Welt hat kürzlich auf seiner Jungfernfahrt den Hamburger Hafen angesteuert und lag dort drei Tage vor Anker. Mit einer Ladekapazität von 23.964 TEU (20-Fuß-Standardcontainer) übertrifft die HMM Algeciras den bisherigen Rekordhalter, die MSC Gülsün, um mehr als 200 TEU. Bei ihrer ersten Visite in Hamburg hat die HMM Algeciras 8.500 Container gelöscht und geladen. Rund 15 Prozent davon wurden über DB Schenker gesteuert.
Das 400 Meter lange und 61 Meter breite Schiff gehört der südkoreanischen Reederei HMM (Hyundai Merchant Marine). Die HMM Algeciras ist das erste von 12 geplanten identischen Schiffen. Gebaut werden sie von Daewoo Shipbuilding & Marine Engineering in Südkorea. Den Namen Algeciras hat das Schiff von der spanischen Hafenstadt bei Gibraltar. Wie man hört, soll es bald auch eine HMM Hamburg geben.
Vor- und Nachteile der Riesenschiffe
In der Seefracht bewegt sich DB Schenker zwischen Verladern und Reedern. Die einen sind Hersteller oder Händler, die anderen Schiffseigner. Verlader, die ihre Sendungen nicht selbst abwickeln, beauftragen DB Schenker als Seefrachtspediteur, also als Mittler. Der steuert unter anderem den Transport der Container zum Schiff und den Abtransport vom Zielhafen. Darüber hinaus organisiert DB Schenker das Zusammenführen („Konsolidieren“) von Sendungen, wenn die Ware eines einzelnen Kunden den Container nicht füllt.
„Einerseits begrüßen wir es, wenn die Reedereien durch immer größere Schiffe den Transport über die Weltmeere wirtschaftlich gestalten, indem sie Mengen bündeln“, sagt Hans-Thorsten Lanfermann, Head of Ocean Export DE/CH.
Doch der Seefracht-Experte sieht auch die Nachteile des Größenwachstums: „Andererseits heißt das, dass weniger Schiffe in See stechen und weniger Abfahrten zur Auswahl stehen. Das verringert unsere Flexibilität gegenüber den Ansprüchen unserer Kunden, denen selbstverständlich daran gelegen ist, ihre Waren möglichst schnell auf die Reise zu bringen. In diesem Punkt stehen wir im Spannungsfeld zwischen Verlader und Reeder“, so Lanfermann.
16 Mal größer als vor 50 Jahren
Dass man riesige Containerschiffe braucht, ist unbestritten. Hamburg hat 1990 gerade mal 2 Millionen TEU umgeschlagen, 15 Jahre später kratzte Deutschlands größter Hafen an der 10-Millionen-Marke, 2019 waren es rund 9,3 Millionen. Je mehr der Welthandel anzog, umso lauter ertönte der Ruf nach leistungsstärkeren Transportmitteln. Das spiegelt sich im Wachstum der Schiffe. 1970 gehörte die von Hapag Lloyd eingesetzte Sidney Express mit 1.500 TEU zu den größten Ozeanriesen der Welt. Die HMM Algeciras schafft 24.000 TEU. Das 16-fache! Niemand erwartet, dass diese Entwicklung im gleichen Tempo fortschreitet. Aber ein Stopp ist auch nicht abzusehen. Schon bald dürfte das nächste Schiff die HMM Algeciras als Rekordhalter ablösen. Fachkreise reden bereits über 26.000 TEU.
Entscheidend ist, wie der Welthandel expandiert und wie viele Waren künftig über die Meere reisen. Denn der alte Spediteur-Grundsatz behält gewiss seine Gültigkeit: „Die Fracht sucht sich ihren Weg.“
Fakten zur HMM Algeciras:
• Länge: 400 Meter
• Breite: 61 Meter
• max. Tiefgang: 16,50 Meter
• Stellplätze: 23.964 TEU
24.000 Container auf einem Schiff?
Auch wenn es bei der HMM Algeciras in den Papieren steht: Sie transportiert definitiv keine 24.000 Container. Die Einheit TEU bezieht sich auf die rund 6 Meter langen 20-Fuß-Container. Das sind die kleinen! Tatsächlich sind bei den meisten Schiffen bis zu 80 Prozent der Fracht in die 12 Meter langen 40-Fuß-Container gestaut. So eine Box „misst“ 2 TEU.
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Der freie Journalist Andreas Pietsch ist auf Logistik-Themen spezialisiert. Er schreibt seit 1992 für DB Schenker beziehungsweise für die Vorgängergesellschaften. Am meisten angetan haben es ihm die Themen aus Landverkehr, Seefracht und Kontraktlogistik. Aber auch bei der Luftfracht weiß er, wie man einen Sachverhalt treffend auf den Punkt bringt.